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17.10.2015
Die Rheinpfalz

Länder streiten um Nahverkehrsmittel

Der 2014 einvernehmlich vereinbarte „Kieler Schlüssel“ stößt nun in Ostdeutschland auf heftigen Widerstand
Von Eckhard Buddruss

Berlin. Während der Streit zwischen Bund und Ländern um die Höhe der Mittel für den Bahnregionalverkehr gestern definitiv beigelegt wurde, gibt es nun einen heftigen Konflikt zwischen den Ländern um die künftige Verteilung der Mittel. Die Front verläuft dabei zwischen alten und neuen Bundesländern.

Im Oktober 2014 hatten sich die Bundesländer geeinigt, dass die Regionalisierungsmittel, die sie seit der Bahnreform von 1993/94 vom Bund für den regionalen Schienenverkehr bekommen, künftig nach einem neuen System verteilt werden, dem sogenannten „Kieler Schlüssel“. Während Kriterium für die Verteilung der Mittel bisher die Zugkilometer im Jahr 1993 (dem letzten Jahr vor der Bahnreform) waren, sind für den Kieler Schlüssel die Einwohnerzahl des Landes und die bestellten Zugkilometer im Jahr 2015 maßgeblich. Dadurch ergibt sich eine erheblich geänderte Verteilung. Vor allem die Anteile von Nordrhein-Westfalen, Bayern und Baden-Württemberg wachsen, während vor allem die Anteile der neuen Bundesländer deutlich sinken. Der Anteil von Rheinland-Pfalz bleibt nahezu unverändert (siehe Grafik). Die Umstellung vom alten auf den neuen Schlüssel soll stufenweise über 15 Jahre verteilt erfolgen.Die neuen Bundesländer hatten dem „Kieler Schlüssel“ zugestimmt, weil sich bei der von der Ländern geforderten Erhöhung der Mittel auf 8,5 Milliarden Euro und einer jährlichen Erhöhung um 2,5 Prozent auch bei sinkendem Anteil steigende Beträge ergeben hätten. Sie hatten dabei zudem auf eine – allerdings nur informell vereinbarte – Klausel gesetzt, die ihnen einen jährlichen Mindestanstieg der Mittel um 1,25 Prozent gesichert hätte. Davon ist aber jetzt keine Rede mehr; vielmehr würden bei der nun zwischen Bund und Ländern vereinbarten Summe von 8 Milliarden Euro im Jahr 2016 und einer jährlichen Erhöhung um nur 1,8 Prozent die Beträge, die die neuen Bundesländer erhalten, mittelfristig teilweise deutlich sinken. Dagegen wehren sich die betroffenen Landesregierungen heftig, weil sie für diesen Fall massive Einschnitte in ihr Regionalzugangebot befürchten. Ein relativ weitgehender Konsens hatte darüber geherrscht, dass es den dringendsten Ausbaubedarf in den alten Bundesländern, insbesondere in Nordrhein-Westfalen, gibt. Die neuen Bundesländer waren aber davon ausgegangen, dass bei ihnen das Zugangebot zumindest auf dem aktuellen Niveau gesichert werden kann.

Derzeit zeichnet sich noch keine Lösung für diesen Streit ab. Weil unklar ist, wie der ab 2016 gültige Verteilungsschlüssel aussieht, lässt sich auch noch nicht definitiv sagen, wie hoch die Mittel sind, die Rheinland-Pfalz 2016 zur Verfügung stehen.

Da bei Rheinland-Pfalz der alte und der neue Anteil aber fast identisch sind, dürfte der Wert wohl nahe bei den 419,2 Millionen Euro liegen, die sich ergeben, wenn der „Kieler Schlüssel“ zu Grunde gelegt wird. Das sind rund 36 Millionen Euro mehr als 2014 und 31 Millionen Euro mehr als im laufenden Jahr. Auch das Saarland, dessen prozentualer Anteil beim „Kieler Schlüssel“ etwas stärker sinkt als der von Rheinland-Pfalz, bekommt mehr Regionalisierungsmittel als bisher. Ein weiteres Problem, das trotz der gestrigen Einigung ungelöst bleibt, ist die künftige Höhe der Infrastrukturgebühren. Es wurde lediglich festgelegt, dass der Anstieg „nach Maßgabe des Eisenbahnregulierungsrechts zu begrenzen ist“. Bisher gab es die Tendenz, dass ein immer größerer Teil der Regionalisierungsmittel durch immer höhere Infrastrukturgebühren aufgefressen wurde, weil die Trassengebühren der bundeseigenen Deutschen Bahn (DB) stärker erhöht wurden als die Regionalisierungsmittel. Es besteht nun die Gefahr, dass sich diese Entwicklung auch in Zukunft fortsetzt.