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10.09.2015
Die Rheinpfalz

Finanzausgleich: Kompromisssuche geht weiter

Berlin (rtr/dpa). Die Ministerpräsidenten der Länder unternehmen einen neuen Anlauf zur Reform des Länderfinanzausgleichs.

Am Wochenende wolle eine Vierergruppe um Bayerns Regierungschef Horst Seehofer (CSU) und Hamburgs Ersten Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) Kompromisslinien ausloten, hieß es gestern in Länderkreisen. Basis für die weiteren Gespräche ist demnach ein Vorschlag von Scholz, der zu dem Thema auch mit Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble im Gespräch ist. Er sieht unter anderem vor, dass der Bund 8,5 Milliarden Euro mehr in den Mechanismus pumpt, damit kein Land durch die Reform schlechter gestellt wird.Am Vorabend hatten sich die Ministerpräsidenten erneut nicht auf eine gemeinsame Verhandlungsposition gegenüber dem Bund verständigen können. Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) hält dennoch eine baldige Lösung des Streits für möglich. Es gebe einen „ganz, ganz großen Einigungswillen“. In den Länderkreisen hieß es, auch wegen der Flüchtlingskrise steige der Einigungsdruck. Die innerstaatlichen Finanzbeziehungen müssen reformiert werden, weil 2019 die bisherigen Regelungen auslaufen.

Kommentar: Radikal vereinfachen
Von Winfried Folz, Berlin

Am Finanzausgleich der Länder ist viel zu viel herumgedoktert worden. Eine Neuordnung muss klar und nachvollziehbar sein.

Wer die schwierige Neuordnung der Bund-Länder-Finanzen als Beispiel heranzieht, um die Unfähigkeit der Politik unter Beweis zu stellen, liegt falsch. Unstreitig ist, dass auf dem Rücken des Finanzausgleichs schlimmer gefeilscht wurde als auf dem Basar. Aber schließlich muss hier eine Vielzahl von Interessen ausgeglichen werden. Die Neuordnung des Regelwerks ist eine ungeheuer schwierige Aufgabe.

Die reichen Geberländer wollen nicht länger die armen Nehmerländer auf eine Weise unterstützen, dass sie (also die „Reichen“) am Ende schlechter dastehen als die „Armen“. Die Flächenländer sind nachgerade verstimmt, weil es den Stadtstaaten nicht gelingt, sich zu konsolidieren. Und schließlich glauben die West-Länder, dass sie auf Dauer die Ost-Länder subventionieren müssen. Und ja richtig: Alle Bundesländer misstrauen dem Bund, der sie angeblich an der kurzen Leine hält. Ein Gordischer Knoten ist das, dem man einen König Alexander wünscht, der ihn mit einem Hieb durchtrennt.

Die Vorschläge, die auf dem Tisch liegen, sind allesamt vernünftig. Doch eine Einigung ist schwierig, weil es immer eine Seite gibt, die sich bei der Neuordnung benachteiligt sieht. Sinnvoll wäre es, den Mechanismus radikal zu vereinfachen, was Unschärfen zur Folge hätte. In diesem Fall müsste wohl der Bund mit Ausgleichszahlungen einspringen. Finanzminister Schäuble ist kein Freund solcher Großzügigkeiten. Aber eine andere Chance ist weit und breit nicht in Sicht.