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13.06.2015
Die Rheinpfalz

Erst mal rechts abbiegen

Ministerpräsidentin Malu Dreyer in der Festhalle – Noch vor der Tür Gespräch mit Erzieherinnen
Von Sigrid Sebald

Die Ministerpräsidentin direkt was fragen – dazu hat man nicht allzu oft Gelegenheit. Dementsprechend voll besetzt war gestern Abend die Festhalle, in der Malu Dreyer zweieinhalb Stunden lang persönlich Rede und Antwort stand. Und auch dann nicht die Fassung verlor, als Besucher sich in teilweise sehr eigener Sache zu Wort meldeten.

Gleich nach Aussteigen an der Festhalle gab es eine Kursänderung. Statt direkt in den Saal zu gehen, bog Malu Dreyer nach rechts ab und sprach mit Erzieherinnen, die dort ihre Demo-Banner hochhielten. Die vergangenen Kita-Streik-Wochen seien für alle sehr schwer gewesen, meinte die Ministerpräsidentin und appellierte daran, dass der kommunale Arbeitgeberverband sich mit an den Verhandlungstisch setzt. Erst als einige Regentropfen fielen, ging Dreyer mit Gefolge in die Halle. „Fand ich gut, dass sie zu uns kam“, meinte Erzieherin Daniela Danzenbächer, „Berührungsängste hat sie nicht.“ Dass das stimmt, bewies die erste Frau im Land auch im Saal und auf dem Podium, wo sie sich durch nichts aus der Ruhe bringen ließ. Auch nicht durch Befürworter der S-Bahn-Anbindung nach Homburg, von denen gleich drei das Mikrofon ergriffen und wissen wollten, wie es denn nun weiter geht mit der S-Bahn, was mit den Regionalisierungsmitteln ist und warum das Saarland sich so querstellt. „Wir wollen die S-Bahn nach Homburg“, erklärte dazu Malu Dreyer. Momentan mache die Landesregierung Druck auf den Bund, dass das Thema höhere Zuschüsse für die Bahn im Vermittlungsausschuss aufs Tapet kommt. Dreyer: „Wir müssen erreichen, dass Rheinland-Pfalz und das Saarland in der Lage sind, ihre Verkehre zu bezahlen.“ Bevor es zum Thema Regionalisierungsmittel keine Entscheidung gebe, komme das Thema S-Bahn nach Homburg nicht voran. „Es wird schon noch einige Wochen dauern“, meinte Dreyer. Die Landesregierung arbeite mit Hochdruck daran, „aber wir sind halt davon abhängig, dass der Bund uns in dieser Sache nicht schofel behandelt“. Sie hoffe, im Herbst schlauer zu sein, „dann kann es sehr schnell gehen“.

Ein anderer Fragesteller kam von der Initiative „B 10 – Vier Spuren jetzt“ und wollte wissen, ob die Südwestpfalz deshalb so hohe Arbeitslosenzahlen hat, weil die B 10 nicht vierspurig ausgebaut ist. „Mobilität ist wichtig“, meinte dazu Malu Dreyer, jedoch sei nie nur ein Kriterium ausschlaggebend für die Arbeitslosenquote einer bestimmten Region. Im Übrigen werde ein Teil der B 10 ja ausgebaut, bis 2017, ohne Verzögerungen.

Ein Herr wollte wissen, wie die Ministerpräsidentin sich das mit der Energiewende weiterhin vorstelle. Mit Demokratie habe deren Umsetzung ja nichts mehr zu tun, so seine Einstellung. „Da treten Bürgermeister zurück, wenn sie keine Windräder auf ihr Grundstück bekommen“, rief er in den Saal und beklagte, dass Druck ausgeübt werde auf jene, die gegen Windräder seien. Dreyer erklärte dazu, dass es im Biosphärenreservat Pfälzerwald keine Windräder geben werde. Ansonsten sei die Energiewende in einem demokratischen Prozess entstanden. „Dass nicht jeder begeistert ist, weiß ich“, so Dreyer, aber momentan sei die Situation in Rheinland-Pfalz ziemlich befriedet. „Wir haben eine Verantwortung für die Zukunft. Wir können nicht gegen Atomkraft sein ohne neue Weichenstellungen.“ Zweimal kam auch die Frage auf, warum man Zuschüsse etwa für den Überflieger oder für das Projekt Stadt am Wasser nicht anderweitig nutzen könne. Dreyer erklärte, dass es eben Investitionen gebe, die zweckgebunden an bestimmte Projekte seien. Ein junger Mann beklagte, dass auf den Dörfern so wenig Busse fahren. Malu Dreyer riet zu Alternativen wie Ruf-Taxen. Oberbürgermeister Kurt Pirmann erklärte, Ruf-Taxen gebe es bereits.

Ein beklemmender Moment entstand, als eine Frau von Malu Dreyer „jetzt und hier“ eine Antwort darauf haben wollte, warum sie keinen Kontakt mehr zu ihrem Enkelkind haben dürfe. Sie habe diesbezüglich die Ministerpräsidentin bereits mehrfach angeschrieben und nie eine Antwort bekommen. Malu Dreyer entgegnete, der Fall sei der Staatskanzlei bekannt und könne hier nicht diskutiert werden. Den dicken Ordner, den ein nach eigenen Angaben erwerbsunfähiger Mann mit in die Festhalle gebracht hatte, wollte die Ministerpräsidentin auch nicht gleich lesen. „Ich nehme ihn nachher mit“, versprach sie.

Nach zweieinhalb teilweise anstrengenden Stunden endete die Veranstaltung versöhnlich. Per elektronischem Abstimmungsgerät votierten 52 Prozent der Anwesenden auf die Frage, worauf sie in Rheinland-Pfalz stolz sind, für die Antwort: auf die Landschaft und Natur. „Das ist doch schön, unsere Landschaft ist ja wirklich toll“, meinte Dreyer.