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03.06.2015
Die Rheinpfalz

Klug: Chance für S-Bahn steht 50 zu 50

Politiker, Bahnfachleute und Touristik-Expertin diskutieren über Wiederbelebung – OB Schneidewind erstmals klar dafür
Von Gerhard Müller

Das Saarland habe gar nichts gegen die Verlängerung der S-Bahn von Homburg bis nach Zweibrücken: Allerdings müsse die Bundesregierung ihre „finanziellen Verpflichtungen erfüllen“, die sie in punkto Schienenverkehr gegenüber den Ländern habe. Astrid Klug, Abteilungsleiterin für Verkehr im Saarbrücker Wirtschaftsministerium, sieht die Chancen auf Verwirklichung des Bahnprojekts „bei 50:50, so ehrlich muss man sein“.

Die Homburgerin Klug, einst SPD-Bundesgeschäftsführerin, nahm gestern Abend an einer Diskussion zur S-Bahn teil, zu der der SPD Einöd in die dortige Saarpfalz-Halle eingeladen hatte. Vor gut 100 Zuhörern waren sich die Diskutanten auf dem Podium darin einig, dass die Bahn-Reaktivierung als solche ja eine wünschenswerte Sache sei. Wenn es aber aufs liebe Geld zu sprechen kam, ging die Debatte inhaltlich mitunter auseinander. „Um mit kompetenten Fachleuten für Aufklärung zu sorgen“, so Einöds Ortsvorsteher Karl Schuberth als Moderator, beteiligten sich am Gespräch neben Astrid Klug auch Gustav Herzog, westpfälzisches Mitglied im Bundestags-Verkehrsausschuss, und Werner Schreiner, der sich als früherer Geschäftsführer des Verkehrsverbundes Rhein-Neckar (VRN) einen Ruf als „Schienenpapst“ erworben hat. Dabei waren auch Birgit Grauvogel von der Tourismuszentrale Saar sowie der designierte Saarpfalz-Landrat Theophil Gallo und Homburgs Oberbürgermeister Rüdiger Schneidewind.

Gerade was Letztgenannter zu sagen hatte, war mit Spannung erwartet worden: Vor seiner Wahl im Sommer 2014 hatte Schneidewind versprochen, sich für die Bahnstrecke stark zu machen, sollte die Nutzen-Kosten-Analyse (NKU) zu einem positiven Ergebnis kommen. Dieses Gutachten ergab, dass sich für jeden Euro, der in die Bahnstrecke investiert wird, ein „volkswirtschaftlicher Nutzen“ von 1,24 Euro errechne. „Das Ergebnis ist also positiv“, kündigte Schneidewind gestern Abend an, sich fortan für die Reaktivierung einzusetzen. „Das fällt mir natürlich umso leichter, weil die Stadt Homburg ja hier finanziell gar nicht gefragt ist. Deshalb habe ich mich bisher aus der öffentlichen Diskussion zurückgehalten – reden sollten die, die bezahlen müssen.“ Unstrittig sei aber, so der Homburger OB, dass der Hauptbahnhof in seiner Stadt durch die bessere Anbindung der Südwestpfalz gestärkt würde. Und auf zusätzliche Touristenströme aus der im Verkehrsverbund angeschlossenen Region bis nach Würzburg wies Birgit Grauvogel hin – gerade mit Blick auf die bundesweite Vermarktung des Biosphärenreservats Bliesgau.

„Ich hatte ja gemeint, dass ein positives NKU-Ergebnis gleich grünes Licht für die Bahn bedeuten würde“, kritisierte Moderator Karl Schu-berth die abwartende Haltung der Saar-Landesregierung: In deren Namen hatte Astrid Klug gestern Abend zu erläutern, was es mit dem Saarbrücker Argument der Regionalisierungsmittel bei den Betriebskosten auf sich hat. Parteipolitik kam ins Spiel: Klug und Schreiner zeigten mit dem Finger auf die CDU-Vertreter in der Bundesregierung. Namentlich Finanzminister Wolfgang Schäuble, auf dessen Betreiben das bisherige Regionalisierungs-Gesetz nach seinem Auslaufen 2014 noch immer nicht verlängert worden sei. Das Gesetz regelt, mit wie viel Geld der Bund die Länder für deren Sicherstellung des Schienennahverkehrs alljährlich unterstützt.

„So lange wir da in der Luft hängen und nicht wissen, wie viel Geld aus Berlin fließt, können wir keine seriöse Entscheidung für neue Bahnprojekte treffen“, sagte Klug: „Legt der Bund bei der Regionalisierung nicht eine gehörige Schippe drauf, können wir im Saarland nicht mal die Schienenprojekte bezahlen, die schon heute bestellt sind.“ Klug und Schreiner sagten, dass alle Länder zusammen bislang sieben Milliarden Euro aus diesem Topf bekommen hätten – angesichts von Preissteigerungen sei es aber nötig, dass dieser Betrag künftig auf 8,5 Milliarden anwachse. „Solange wir das nicht schriftlich haben, können wir keine S-Bahn-Verlängerung ins Blaue hinein beschließen“, meinte Klug, dass das Saarland kein Geld ausgeben könne, das es nicht habe. Den Ausbau-Befürwortern riet sie daher, „bei der Politik tüchtig Druck zu machen“.