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22.05.2015
Die Rheinpfalz

Pfälzer S-Bahn-Verkehr bis Dezember 2033 geregelt

Gestern unterzeichneter Vertrag ermöglicht auch Züge nach Zweibrücken – Landespolitiker mahnen Lösung für Regionalisierungsmittel an
Von Eckhard Buddruss

Mannheim. Der Betrieb auf den Rhein-Neckar-S-Bahn-Linien 1 bis 4 wird bis Ende 2033 von der Deutschen Bahn (DB) geführt. Der neue Verkehrsvertrag ermöglicht auch die Bestellung von S-Bahn-Zügen über Homburg hinaus nach Zweibrücken. Bei der Unterzeichnung des Verkehrsvertrags mit der DB durch die Nahverkehrsaufgabenträger aus den vier beteiligten Bundesländern (Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg, Hessen, Saarland) betonte gestern Winfried Hirschberger als Verbandsvorsteher des im südlichen Rheinland-Pfalz zuständigen Zweckverbands, mit dem Vertrag sei auch die Voraussetzung für S-Bahn-Züge nach Zweibrücken geschaffen. Jürgen Barke (SPD), Staatssekretär im saarländischen Wirtschaftsministerium, sagte dazu, der Verlängerung der S-Bahn nach Zweibrücken stehe nicht etwa böser Wille der Saarländer entgegen, die das Projekt nicht wollten, sondern die ungelöste Regionalisierungsmittel-Problematik. Projekte wie Homburg–Zweibrücken hingen von einer Entscheidung über die Regionalisierungsmittel ab. „Durch die Verzögerung verlieren wir Zeit, dabei wäre ein Ausbau des Schienenverkehrs der beste Beitrag zum Klimaschutz. Die größten E-Fahrzeuge sind auf der Schiene unterwegs.“

Ähnlich äußerten sich zur Bedeutung des Schienenverkehrs und zum Thema Regionalisierungsmittel auch Barkes rheinland-pfälzischer Kollege Günter Kern (SPD), der Erste Bürgermeister der Stadt Mannheim, Christian Specht (CDU) und der baden-württembergische Verkehrsminister Winfried Hermann (Die Grünen). Hermann sprach von einem „Zustand der Rechtlosigkeit“, der dadurch entstanden sei, dass der Bund seiner grundgesetzlichen Verpflichtung nicht nachkomme, den Ländern ausreichende Mittel für den ihnen durch die Bahnreform von 1993 übertragenen regionalen Schienenverkehr zur Verfügung zu stellen. Die Länder brauchten keine Regelung für ein Jahr, sondern Planungssicherheit für längere Zeit. Gerade der Fall des gestern unterzeichneten S-Bahn-Vertrags zeige, dass sich durch Verträge mit langer Laufzeit große Einsparungen erzielen ließen. Mit dem Vergabeverfahren für die S-Bahn sei es gelungen, einen deutlich günstigeren Preis für die Aufgabenträger zu erzielen und das Angebot zu verbessern.

Wie berichtet, sind die wichtigsten Verbesserungen für die Pfalz die Integration der BASF-Pendlerzüge in das S-Bahn-System, die Einführung eines S-Bahn-Stundentakts montags bis freitags zwischen der BASF und dem Ludwigshafener Hauptbahnhof sowie durch die Schließung von Taktlücken ein durchgehender S-Bahn-Stundentakt zwischen Kaiserslautern und Homburg nach Abschluss der Bauarbeiten auf diesem Abschnitt.

Rechtsrheinisch sind die wichtigsten Verbesserungen ein durchgehender Halbstundentakt auch am Wochenende auf den Strecken von Heidelberg nach Bruchsal und Mosbach. Damit wird hier eine Taktdichte erreicht, die es auf den heutigen Pfälzer S-Bahn-Linien nach Kaiserslautern und Germersheim dank des Rheinland-Pfalz-Takts schon seit 1994 gibt.

Die S-Bahn-Flotte wächst von 40 auf 77 Triebwagen der Baureihe 425, die neue Sitzpolster und Systeme zur Videoüberwachung im Fahrgastraum erhalten.

Die Ausschreibung des Betriebs im Los 2 der S-Bahn Rhein-Neckar, zu dem in der Pfalz die Linie von Mannheim über Ludwigshafen, Frankenthal und Worms nach Mainz gehört, ist für dieses Jahr vorgesehen.

Eine Betriebsaufnahme mit den hierbei geforderten Neufahrzeugen wird kaum vor Ende 2019 möglich sein. Deshalb gibt es Überlegungen für eine Art S-Bahn-Vorlaufbetrieb auf der Linie von Mannheim über Frankenthal nach Mainz, wo der Ausbau der Stationen wohl in diesem Jahr weitgehend abgeschlossen wird.

Schon zum kleinen Fahrplanwechsel Mitte Juni geht der neue Haltepunkt Frankenthal Süd in Betrieb. Hier können allerdings zunächst nur die Züge der Regionalbahn-Linie Mannheim–Mainz halten. Bei den Taktzügen der Linie Frankenthal–Ramsen ist dies erst möglich, wenn hier ab Ende 2015 stärker motorisierte Fahrzeuge eingesetzt werden. Der heute sehr knappe Anschluss von Ludwigshafen nach Freinsheim soll dann in Frankenthal Süd entspannter und zuverlässiger funktionieren als heute am Hauptbahnhof. Allerdings ist der Weg etwas länger, weil er in Frankenthal Süd nicht durch eine Unterführung, sondern über eine Brücke führt.

Kommentar
Der Bund lässt die Länder hängen
Von Eckhard Buddruss

Das Verhalten der Bundesregierung beim Thema Regionalisierungsmittel wird immer skandalöser. Das darf aber kein Grund für Nichtstun sein.

In Mannheim herrschte gestern bei der Unterzeichnung des Vertrags, der einen großen Teil des Pfälzer S-Bahn-Betriebs bis Ende 2033 regelt, relative Harmonie. Dem ist allerdings ein unnötig langes Gezerre vorausgegangen, bei dem der baden-württembergische Verkehrsminister Winfried Hermann (Die Grünen) eine nicht gerade ruhmreiche Rolle gespielt hat, weil von ihm beauftragte Gutachter sich illusionäre Kostensenkungen zusammengeträumt hatten. Die jetzt gefundene Lösung ist nicht grandios, aber unter den gegebenen Umständen durchaus vernünftig. Sie sieht im Kern Kostensenkungen durch eine lange Vertragslaufzeit und den Einsatz von Gebrauchtfahrzeugen vor.

Völlig recht hat Hermann mit seiner scharfen Kritik an der Bundesregierung, die eine überfällige Revision der Regionalisierungsmittel immer weiter verzögert. Eigentlich könnten die Länder derzeit überhaupt keine Verkehrsverträge mehr abschließen, weil unklar ist, wie viel Geld ihnen künftig zur Verfügung steht. Der gestern unterschriebene Vertrag verdeutlicht aber, dass die Konsequenz jetzt nicht völliger Stillstand sein kann. Das gilt gerade auch für das Projekt S-Bahn nach Zweibrücken. Vom saarländischen Staatssekretär Jürgen Barke kamen dazu gestern in Mannheim auffallend versöhnliche Töne. Es ist auch verständlich, dass das Saarland zögert, vor einer Klärung der Regionalisierungsmittelfrage weitere Verpflichtungen einzugehen. Die Konsequenz kann aber nicht sein, dass der komplizierte Planungsprozess, der sowie schon zeitraubend genug ist, nun wegen vergleichsweise minimaler Beträge noch unnötig verzögert wird.

Wirtschaftswissen: Was ist eigentlich eine S-Bahn?

Der Begriff S-Bahn tauchte erstmals im Jahr 1932 nach der Elektrifizierung der Berliner Stadt-, Ring- und Vorortbahnen als Kurzbegriff für „Schnellbahnen" auf. Ein weißes S auf grünem Grund wurde zum Symbol.

Eine verbindliche Definition, was genau eine S-Bahn zur S-Bahn macht, existiert nicht. Zwischen den S-Bahnen in Deutschland gibt es neben Gemeinsamkeiten auch viele Unterschiede. Nur Berlin und Hamburg haben eine S-Bahn mit komplett eigener Infrastruktur. In diesen beiden Netzen gibt es sogar ein vom übrigen Bahnnetz abweichendes Stromsystem. Die S-Bahnen, die in der Bundesrepublik Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg entstanden sind, verfügen dagegen nur in Teilbereichen über eine eigene Infrastruktur und haben dasselbe Stromsystem wie das übrige Netz der Deutschen Bahn. Kern der S-Bahn-Netze sind in München, Frankfurt und Stuttgart Tunnelstrecken, die unter der Innenstadt hindurchführen. Auch mit diesen S-Bahn-Systemen lässt sich die S-Bahn Rhein-Neckar deswegen nur sehr begrenzt vergleichen. Sie ähnelt am ehesten den S-Bahnen von Hannover und Nürnberg.

Einen Rekord hält die S-Bahn Rhein-Neckar. Ihre Linie S 1 von Osterburken nach Homburg ist mit 202 Kilometern die längste S-Bahn-Linie Deutschlands. Mit der geplanten Verlängerung nach Zweibrücken würden noch elf weitere Kilometer hinzukommen. (ebu)