13.03.2014
Die Rheinpfalz

Mannheim profitiert von TGV-Est-Ausbau

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Die Vollendung der französischen Ostschnellbahn (TGV Est) bringt 2016 diverse Neuerungen im Zugverkehr. Mannheim und Karlsruhe bekommen zusätzliche Züge nach Paris und Straßburg. Kaiserslautern wird dagegen wahrscheinlich eine seiner fünf Direktverbindungen nach Paris verlieren.
Von Eckhard Buddruss und Claus-Peter Schmidt

Ludwigshafen. Zu der Frage, welche Auswirkungen die für März 2016 vorgesehene Inbetriebnahme des gut 100 Kilometer langen Schnellbahn-Abschnitts zwischen dem lothringischen Baudrecourt und Vendenheim bei Straßburg auf den deutsch-französischen Hochgeschwindigkeitsverkehr haben wird, gibt es bisher weder von der Deutschen Bahn (DB), noch von der französischen Staatsbahn SNCF definitive Aussagen.

Die DB strebt nach RHEINPFALZ-Informationen eine Lösung an, die DB-intern „Fünf-eins-fünf“ genannt wird. Sie bedeutet, dass künftig sowohl auf dem Nordast von Frankfurt über Mannheim nach Paris als auch auf dem Südast von Stuttgart nach Paris ein Zugpaar mehr als heute fahren soll. Das wären dann fünf Zugpaare von Stuttgart und sechs Zugpaare von Frankfurt, von denen aber eines nicht über Kaiserslautern und Saarbrücken, sondern über Straßburg fahren soll.

Es zeichnet sich jedoch ab, dass die SNCF sich mit einem Zugpaar von Paris über Straßburg nach Frankfurt nicht begnügen wird und sich wohl mit der Forderung durchsetzen dürfte, das außerdem eines der heutigen fünf Zugpaare statt über Saarbücken künftig über Straßburg gefahren wird. Dafür sprechen vor allem zwei Faktoren. Zum einen ist die Fahrzeit über Straßburg ab Mitte 2016 um bis zu 15 Minuten kürzer als bisher über Saarbrücken, falls die Züge auf der dichtbefahrenen Strecke zwischen Appenweier bei Offenburg und Frankfurt eine optimale Fahrplantrasse bekommen. Das ihnen die dafür nötige hohe Priorität eingeräumt wird, ist allerdings bei lediglich zwei Zugpaaren am Tag alles andere als selbstverständlich. Der Fahrzeitunterschied wird auch etwas schrumpfen, wenn die im Gang befindlichen Ausbauarbeiten auf der Strecke zwischen Ludwigshafen und Saarbrücken beendet sind.

Zum anderen würden bei der Fahrt durchs Elsass statt durch die Pfalz schnelle Direktverbindungen von Frankfurt und Mannheim nach Straßburg entstehen. In jedem Fall bekommt Mannheim ein sechstes Zugpaar von und nach Paris. Noch mehr profitiert Karlsruhe. Dort halten wahrscheinlich außer dem fünften Zugpaar von Stuttgart nach Paris auch die beiden Züge von Frankfurt über Straßburg nach Paris. Damit steigt die Anzahl der Direktverbindungen von vier auf sieben. Karlsruhe würde so zur deutschen Stadt mit den meisten Direktzügen nach Paris.

Statt derzeit fünf nur noch vier Zugpaare nach Paris haben dagegen wohl künftig Saarbrücken und Kaiserslautern. Den Weg über Straßburg statt über Saarbrücken nehmen dürfte dabei einer der beiden Züge, die vormittags von Paris nach Frankfurt fahren und einer der beiden, die am späten Nachmittag beziehungsweise Abend von Frankfurt nach Paris fahren.

Möglicherweise wird der entfallende ICE oder TGV zumindest auf dem Abschnitt Mannheim–Saarbrücken durch einen Intercity (IC) ersetzt. Dies dürfte nicht zuletzt von der Lösung eines anderen Problems abhängen, das sich bereits ab Fahrplanwechsel im kommenden Dezember stellt. Dann wird als Kernelement des Konzepts „Rheinland-Pfalz-Takt 2015“ ein Netz von Regional-Express-Linien eingeführt, von denen in der Pfalz vor allem Ludwigshafen, Frankenthal, Neustadt und Kaiserslautern sowie der auch für Teile der Westpfalz wichtige Bahnhof Homburg profitieren. Zum Zeitpunkt der Ausschreibung des RE-Netzes war nicht abzusehen, welche Fernzüge ab 2015 auf der Strecke Saarbrücken–Mannheim noch fahren würden. Die drei zuständigen Aufgabenträger in Rheinland-Pfalz und dem Saarland bestellten deshalb einen Regional-Express (RE) auch für Zeitlagen, in denen durch die Streichung weiterer Fernzüge neue Lücken in den Fahrplan gerissen zu werden drohten.

Der DB-Fernverkehr, der seit einem Führungswechsel weniger auf Angebotsreduzierungen setzt, als lange Zeit zu befürchten war, will nun in mehreren Fällen Intercity-Züge weiter fahren, deren Streichung zum Zeitpunkt der RE-Aussschreibung drohte. Deshalb werden nun ab Ende 2014 voraussichtlich in sechs Fällen ein Intercity (IC) und ein RE kurz hintereinander von Saarbrücken nach Mannheim oder umgekehrt fahren. Es ist klar, dass dies kein Dauerzustand sein wird. Deshalb könnte es sein, dass ab Ende 2015 auch noch drei IC-Paare auf der Strecke von Saarbrücken nach Mannheim und zurück wegfallen. Ein gravierender Nachteil wäre das in den Fällen, in denen die IC-Züge heute Direktverbindungen nach Stuttgart oder Frankfurt bieten.

Im Saarland hat dies zeitweise vor allem bei denjenigen, die mit dem genauen Sachverhalt offensichtlich nicht vertraut waren, zu dem Eindruck geführt, dass Saarbrücken und Homburg wegen rheinland-pfälzischer Regionalzüge einen Teil ihrer Fernzüge verlieren. Genährt wird dieser Eindruck nicht zuletzt durch Äußerungen von Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer, die behauptete, bei den Fernverkehrsverbindungen in Richtung Mannheim sei nicht das Saarland der kritische Faktor, sondern der Regionalverkehr in Rheinland-Pfalz, der noch vom früheren Ministerpräsidenten Kurt Beck bestellt worden sei. Während das Saarland Bereitschaft signalisiert habe, auch integrierten Verkehr mitzutragen, bei dem Regional-Kunden auch die Fernverkehrszüge nutzen können, habe Rheinland-Pfalz das bisher abgelehnt und ein Regional-Konzept verfolgt. Weil Regional-Verkehr aber Vorrang habe, sei das Saarland mit seinen Fernverbindungen letztlich Leidtragender dieser Entscheidung.

Kramp-Karrenbauer kündigte an, das Thema bei einem Treffen mit ihrer rheinland-pfälzischen Kollegin Malu Dreyer noch einmal aufzugreifen. Dieses Treffen findet heute bei der Ministerpräsidentenkonferenz statt.