07.03.2014
Saarbrücker Zeitung

Frankreich entfernt sich

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Bahngipfel in Saarbrücken bringt ernüchternde Ergebnisse
Von Thomas Sponticcia

Damit hätten selbst Skeptiker in diesem Ausmaß wohl nicht gerechnet. Die Franzosen wenden sich offen von der Hochgeschwindigkeits-Verbindung von Paris über Saarbrücken nach Frankfurt ab. Bahnchef Rüdiger Grube musste gestern bei dem seit zwei Jahren anstehenden Bahngipfel in der Staatskanzlei in Saarbrücken einräumen, dass die Franzosen die Verbindung von Paris über Straßburg nach Deutschland bevorzugen und zunächst einen TGV abziehen wollen. Dann würden ab 2015 im günstigsten Fall nur noch vier durchgehende Verbindungen täglich zwischen Paris über Saarbrücken nach Frankfurt bestehen bleiben. Doch dies käme einem Sterben auf Raten gleich, zumal auch die Deutschen in Frankreich aufgrund bestehender Gesetze nur in Kooperation mit der SNCF fahren dürfen. Die Deutsche Bahn könnte also nicht einmal einen weiteren ICE fahren lassen. Zudem sind die Gebühren zur Nutzung der Trasse in Frankreich stark gestiegen, was die Kostenbelastung für die Deutsche Bahn drastisch erhöht. Auf den Punkt gebracht: Die Franzosen können die Verbindung über Saarbrücken, wenn sie wollen, beerdigen.

Ein riesiges Desaster, vor allem für die Landesregierung und die gesamte Saarwirtschaft. Die so hoch gelobte Frankreich-Strategie der Landesregierung kann man sich sparen, wenn die Nachbarn derartige Realitäten schaffen und der Region die rote Karte zeigen. Auch wäre das ein herber Rückschlag für die gerade erst gestartete Marketing-Offensive des Saarlandes. Von der Erreichbarkeit her würde die Region noch mehr auf Provinzniveau zurückfallen.

Zumal Bahnchef Grube noch eine weitere Hiobsbotschaft im Gepäck hatte. Denn nicht nur die internationale Verbindung steht auf dem Spiel, sondern auch die nationalen Intercity- und Eurocity-Verbindungen ab Saarbrücken lassen sich seiner Ansicht nach nur noch bis 2015 aufrecht erhalten. Denn in den Hauptverkehrszeiten, so die Argumentation des Bahnchefs, ist nach dem Willen des Landes Rheinland-Pfalz künftig gemäß dem Rheinland-Pfalz-Takt der verstärkte Einsatz von Nahverkehrszügen vorgesehen. Spätestens an diesem Punkt wedelt der Schwanz mit dem Hund. Bleiben attraktive Fernverkehrsverbindungen, sofern sie überhaupt noch in unserer Region existieren sollten, nur noch dem Zufall überlassen? Alle Investitionen der Bahn an der Saar machen nur mit einem nachvollziehbaren Gesamtkonzept Sinn. Deshalb müssen jetzt das Land, die Saarwirtschaft, Unternehmer, Gewerkschaften, Bürger und Veranstalter von Kongressen und Konzerten zusammenstehen und gemeinsam Druck aufbauen. Sonst wird die Region endgültig abgehängt. Ob von Franzosen oder der Deutschen Bahn, ist dann fast schon egal.