22.05.2007
Historischer Verein zweibrücken e.V.

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Reaktivierung der Bahnstrecke Homburg – Zweibrücken

Vor einigen Wochen fand ein Treffen der Oberbürgermeister Homburgs und Zweibrückens statt. Dabei wurde hervorgehoben, dass es zwischen den beiden Städten mehr Gemeinsames als Trennendes gebe und dass im Wege der „Politik der kleinen Schritte“ eine letztlich erfolgreiche Annäherung der beiden Kommunen zu verzeichnen sei. Worüber allerdings keine Einigkeit erzielt werden konnte, war die Frage auch einer faktisch verbesserten Annäherung durch öffentliche Verkehrsmittel, wie sie etwa durch Reaktivierung der Bahnstrecke Homburg – Zweibrücken erreicht werden könnte. An öffentlichen Verkehrsmitteln gibt es derzeit nämlich nur eine Busverbindung, wobei der Bus für die elf Kilometer lange Strecke zwischen Homburg und Zweibrücken eine halbe Stunde benötigt und diese Fahrzeit bei Staus oft nicht eingehalten werden kann. Die Folge ist dann, dass Anschlusszüge in vielen Fällen nicht erreicht werden können. Hingegen wären moderne Elektrotriebwagen der Baureihe 425 ohne weiteres in der Lage, die Strecke ohne Zwischenhalte in sieben Minuten und mit Unterwegshalten in höchstens zwölf Minuten pünktlich zu bewältigen.

Dabei gäbe gerade das Jahr 2007 einen ganz aktuellen Anlass eines für beide Städte gemeinsam bedeutenden Ereignisses zu gedenken und sich auch insoweit ein Stück näher zu kommen. Am 07. Mai dieses Jahres sind es nämlich 150 Jahre her, seit die von dem bekannten Bahnbauer Paul Camille Denis gebaute Bahnstrecke Homburg – Zweibrücken eröffnet wurde. Dass das genannte Projekt, das bereits 1844 in Zweibrücken angeregt worden war und wofür der Stadtrat in  Zweibrücken schon im Mai dieses Jahres zahlreiche Aktien gezeichnet hatte, erst 1857 vollendet wurde, ist letztlich wohl darauf zurückzuführen, dass es an Fachkräften, die die Projektierung hätten leiten können, gefehlt hatte. Ob, wie vielfach behauptet, sowohl in Homburg als auch in Zweibrücken von amtlichen und halbamtlichen Seiten gegen die Eisenbahn gearbeitet worden war, einerseits in Homburg, weil man durch sie den Ruin für den Homburger Handels-/ Gewerbestandort befürchtete, andererseits in Zweibrücken, weil die schöne und ruhige Beamtenstadt nicht verrußt werden sollte, kann deshalb dahin gestellt bleiben. Der 150. Geburtstag der Bahnlinie Homburg – Zweibrücken ist auch der Grund, warum der Historische Verein Zweibrücken sich mit diesem Jubiläum befasst, hat er sich doch nach seiner Satzung u. a. zur Aufgabe gemacht, an historisch relevante Ereignisse zu erinnern, bzw. historisch interessante Projekte zu erhalten. Dabei bezieht der Verein diese Aufgabe nicht nur auf die politische Geschichte, sondern auf die Geschichte in all ihrer Facetten und somit auch auf die Verkehrsgeschichte. Dabei ist sich der Verein durchaus darüber im Klaren, dass diese Aufgabe auch eine rein pragmatische Komponente enthält, d. h. bei der Prüfung der Frage, ob ein Projekt zu erhalten ist, wird unter rein wirtschaftlichen Gesichtspunkten auch die Erhaltungswürdigkeit geprüft. Letztere ist bezüglich der Bahnlinie Homburg – Zweibrücken absolut zu bejahen und zwar aus folgenden Gründen:

Was die Bahnanbindung der Rosenstadt betrifft, ist diese in den letzten Jahren immer stiefmütterlicher behandelt worden. Ein Blick in die Kursbücher vergangener Jahre ergibt, dass die von Zweibrücken ausgehenden Bahnverbindungen noch bis in die achtziger Jahre wesentlich besser waren als dies zurzeit der Fall ist. Insbesondere gab es früher mehrere durchgehende Verbindungen zur Rheinschiene, egal ob nach Mannheim oder nach Karlsruhe. Darüber hinaus konnten in den verschiedenen Fahrplanperioden Städte wie Stuttgart, München, Salzburg, Tübingen, Basel, Mainz, Würzburg, Karlsruhe, Mannheim und Wiesbaden ohne Umsteigen  von Zweibrücken aus erreicht werden. Wie sehr sich die Situation für Zweibrücken verschlechtert hat, möge an zwei Beispielen erläutert werden:

Während im Sommer 1964 eine durchgehende Fahrt von Zweibrücken nach Karlsruhe – und dies mit Dampfbetrieb und Kopfmachen in Landau 1 Stunde 51 Minuten dauerte, benötigt man heute für dieselbe Strecke 2 Stunden 11 Minuten. Dabei muss man zweimal Umsteigen und läuft außerdem Gefahr in Pirmasens Nord den Anschluss nach Landau nicht mehr zu erreichen weil die Übergangszeit gerade einmal drei Minuten beträgt.

Das nächste Beispiel:

Die durchgehende Fahrt von Zweibrücken nach Landau dauerte damals eine gute Stunde und heute, nach über vierzig Jahren, 1 Stunde 30 Minuten. Der nunmehr geltende Fahrplan sieht je eine stündliche Verbindung nach Pirmasens und Saarbrücken vor. Eine durchgehende Verbindung zur Rheinschiene besteht nicht mehr, die oben genannten Städte sind nur noch mit mehrmaligem Umsteigen und teilweise erheblich längeren Fahrzeiten erreichbar. Anders etwa in Pirmasens, das Durchgangsverbindungen nach Kaiserslautern, Landau und Bingen hat.

Unter diesen Umständen wäre für Zweibrücken schon viel gewonnen, die derzeit bis Homburg fahrende S- Bahn bis Zweibrücken zu verlängern und damit eine durchgehende Verbindung bis Mannheim und in die Neckarregion zu erlangen bzw. in Homburg einen wesentlich schnelleren und auch komfortableren Anschluss an die dort „noch“ haltenden ICE - , IC -  und EC – Züge zu ermöglichen. Schneller aus den vorgenannten Gründen und komfortabler deshalb, weil die derzeit bestehende Busverbindung zur Fahrt mit der Bahn keine Alternative darstellt. Dies deshalb, weil die Busse lediglich für den Nahverkehr, nicht aber für Fernreisende, die in aller Regel größeres Gepäck mit sich führen, konzipiert ist. Hinzu kommt, dass der Weg vom Bus bis zu den Bahnsteigen doch recht beschwerlich ist, zumal in Homburg weder Rolltreppen noch Fahrstühle vorhanden sind und die Transportbänder oft nicht funktionieren oder für größere Gepäckstücke nicht geeignet sind. Da das Potential der Reisenden künftig immer mehr aus älteren Menschen bestehen wird, sprechen die genannten Erschwernisse ganz eklatant gegen eine alleinige Busverbindung zwischen beiden Städten. Eine Bahnverbindung würde das Umsteigen am selben Bahnsteig ermöglichen.

Auch für Homburg könnte die Reaktivierung der Strecke nach Zweibrücken von großem Vorteil sein. Der ab Juni dieses Jahres erstmals verkehrende ICE von Frankfurt/Main nach Paris hält nicht in Homburg, weil u. a. das dortige Fahrgastaufkommen zu gering ist. Nach einem vor einiger Zeit erstellten Wirtschaftlichkeitsgutachten würde hingegen das Fahrgastaufkommen für Homburg bei einer Reaktivierung der Strecke nicht unerheblich vergrößert. Dies wäre aber auch für die in Homburg „noch“ haltenden ICE -, IC - und EC – Züge von Bedeutung, da bei sinkendem Fahrgastpotential durchaus nicht auszuschließen ist, dass auch diese Züge zumindest teilweise „dort“ nicht mehr halten werden. Dabei fällt bereits jetzt schon auf, dass die Fernanbindung von Homburg in Richtung Mannheim in den letzten Jahren systematisch ausgedünnt worden ist. Während es noch bis vor kurzer Zeit im Stundentakt eine schnelle Verbindung nach Mannheim gab, ist dieser Takt zwischenzeitlich auf zwei Stunden und in gewissen Zeitlagen auf noch größere Zeiträume verlängert.

Was den Fernverkehr betrifft, sollte man auch vor folgendem nicht die Augen verschließen:
Die ursprünglich täglich dreifache durchgehende Verbindung Frankfurt/Main – Paris ist bereit jetzt auf eine reduziert. Die beiden anderen „teilweise“ nicht realisierten

ICE – Verbindungen beginnen erst ab Saarbrücken. Weiterhin ist, was in der Öffentlichkeit bislang so gut wie nicht bekannt ist, schon jetzt die Fahrt von Mannheim über Straßburg nach Paris 14 Minuten kürzer als über Kaiserslautern – Saarbrücken. Wird nun auch noch die von der SNCF in ihrem TGV – Masterplan aufgenommene Nordumfahrung von Straßburg (Vendenheim – Gambsheim – Roeschwoog – Rastatt) realisiert, wird sich die Reisezeit von Paris nach Mannheim auf 2 Stunden 31 Minuten gegenüber 3 Stunden 10 Minuten über Kaiserlautern verkürzen. Welche Auswirkungen dies auf unsere Region haben wird, bedarf wohl keiner weiteren Ausführungen. Bezüglich Homburg ist aber auch schon jetzt in punkto Nahverkehr eine Verschlechterung festzustellen.

Während es bis vor wenigen Jahren noch stündlich zwei von Homburg ausgehende Regionalzüge bis Stuttgart bzw. nach Mannheim und teilweise weiter nach Karlsruhe und Offenburg gab und dies mit teils sehr modernen und beliebten Doppelstockwagen, wird die Strecke nach Mannheim heute im Wesentlichen mit an jedem Bahnhof haltenden und für längere Reisen äußerst unkomfortablen

S – Bahntriebwagenzüge befahren.

Insgesamt gesehen könnte die Reaktivierung der Strecke Homburg – Zweibrücken deshalb für beide Städte erhebliche Vorteile bringen und ist daher ein erhaltenswertes und ausbauwürdiges Projekt. Für Zweibrücken umso mehr, als der dortige Bahnhof zurzeit renoviert und modernisiert wird.

Das  größte Problem liegt nun allerdings darin, dass die genannte Bahnlinie über eine Landesgrenze hinweggeht, nämlich vom Saarland nach Rheinland – Pfalz. Letztlich ist die Reaktivierung der Strecke daher ein Politikum, wobei geradezu tragisch für Zweibrücken ist, wenn bezüglich der Wiederinbetriebnahme der Strecke ein Land auf das andere verweist. Soweit ersichtlich ist von Seiten der Politiker bislang wenig geschehen um die Misere zu beheben. Dabei gibt es eine ganze Reihe von Beispielen, wie bereits seit langem stillgelegte Strecken mit großem Erfolg reaktiviert wurden. Als einige von vielen Strecken seien nur die von Winden nach Bad Bergzabern und nach Weißenburg genannt. Vor einigen Tagen wurde in der Zeitung „Die Rheinpfalz“ hervorgehoben, wie gut diese Region an Straßburg und damit an die neuen TGV – Linien nach Paris und ins Rhônetal angeschlossen sind. Ist es reiner Zufall, dass der Ministerpräsident seinen Wohnsitz in der Nähe der beiden vorgenannten reaktivierten Strecken hat? Wäre unsere Strecke nicht schon längst wieder in Betrieb wenn der Landesvater in unserer Region wohnen würde?

Und was soll man schließlich von dem rheinland – pfälzischen Wirtschaftsminister halten, der ausweislich der Zeitung „Die Rheinpfalz“ der Wiederinbetriebnahme eine Absage erteilt und dabei offensichtlich vergessen hat, dass eine vom Ministerium in Auftrag gegebene Analyse von DB – Consult zu dem Ergebnis kommt, eine Wiederbelebung der Strecke würde sich trotz der 11, 4 Millionen lohnen. Kein Wunder dass eine solche Haltung dem Oberbürgermeister von Homburg Auftrieb gibt und dieser bei dem eingangs erwähnten Gespräch meint, „grundsätzlich habe man in Homburg nichts gegen die Reaktivierung einzuwenden, allerdings habe die Straße Priorität“. Wie kann man jedoch gegen ein Projekt nichts einzuwenden haben, wenn man weiß, dass dieses Projekt einem anderem, das man in jedem Fall will, zum Opfer fällt? Auch das Argument, die Straße werde im Falle eines Brückenbaues erheblich teurer, wodurch die gute Platzierung im Bundesverkehrswegeplan verloren gehe, kann nicht überzeugen. Denn gerade die in letzter Zeit mit aller Deutlichkeit angesprochenen Probleme des Klimawandels sprechen ohne wenn und aber für die Bahn. Im Hinblick darauf erhebt sich die Frage, ob der Bundesverkehrswegeplan nicht einer gründlichen Überprüfung bedarf. Dabei wäre die Wiederinbetriebnahme unserer Strecke sicher nur ein kleiner Schritt in diese Richtung, aber immerhin ein Schritt. Kein vernünftiger Mensch wird auch in Abrede stellen, dass die Ortsteile Einöd und Schwarzenacker eine Entlastung vom Straßenverkehr brauchen. Dies aber nicht um jeden Preis, insbesondere dann, wenn man die B 423 bauen kann ohne dabei gleichzeitig die Bahnlinie zu tangieren und damit deren Reaktivierung zu verhindern.

Ein weiterer nicht zu unterschätzender Gesichtspunkt ist, dass die Strecke in einem relativ guten Erhaltungszustand ist und die Beschaffung zusätzlicher Triebfahrzeuge nicht erforderlich ist. Auf Grund dessen, haben die aus Mannheim kommenden Triebfahrzeuge in Homburg eine Wendezeit von etwa 40 Minuten und könnten in dieser Zeit ohne weiteres von Homburg nach Zweibrücken und zurück fahren.

Aus den genannten Gründen hält der Historische Verein die Strecke Homburg – Zweibrücken für absolut erhaltenswürdig und unterstützt deshalb auch den Verein zur Förderung des Schienenverkehrs in und um Zweibrücken, der sich seit Jahren in mustergültiger Weise für die Reaktivierung der Strecke Homburg – Zweibrücken stark macht.

Er veranstaltet außerdem am 22. Mai aus Anlass des 150 –jährigen Jubiläums einen Vortragsabend an dem Werner Schreiner über den Erbauer der Strecke, Paul Camille Denis, referieren wird.

Anschließend ist eine Ausstellung in den Räumen der Kulturgut – Stiftung Gehrlein – Fuchs vorgesehen.