19.12.2013
Die Rheinpfalz

Alle stehen hinterm Haushalt

Drei Stunden lang hat der Stadtrat gestern den Etat des kommenden Jahres beraten. Am Ende stimmten alle anwesenden Ratsmitglieder dafür. Sie waren sich zudem einig, dass Zweibrücken den Haushalt aus eigener Kraft nicht ausgleichen kann, solange die Gemeindefinanzreform aussteht.
Von Georg Altherr

Früher war alles anders. Früher war es so, dass sich der Stadtrat nach der letzten Ratssitzung des Jahres mit den Behördenleitern zu einem gemütlichen und ausgiebigen Weihnachtsessen zusammensetzte. Aus diesem Grund beeilte sich der Rat in der letzten Sitzung immer – auf dass er rechtzeitig mit Diskutieren und Abstimmen fertig war, bevor die Tischglocke läutete.Gestern war’s anders. Oberbürgermeister Kurt Pirmann hatte die Haushaltsverabschiedung und das heiße Thema wiederkehrende Beiträge auf die Tagesordnung gesetzt – und dafür das Weihnachtsessen abgesagt. Dafür ließ er einen Topf mit Brühwürstchen aufsetzen.

Der Zeitdruck war raus, und also sah der Rat keinen Grund, aufs Tempo zu drücken. So zog sich die Haushaltsdebatte über drei Stunden. Wobei nicht polemisch gestritten wurde, im Gegenteil: In den großen Linien herrschte Einigkeit, unterschiedliche Auffassungen traten nur bei Details zutage. Am Ende verabschiedete der Rat den Haushalt samt Stellenplan und Anlagen einstimmig und ohne jede Enthaltung.

Die RHEINPFALZ stellte den Haushalt gestern ausführlich vor. Er sieht einen Fehlbetrag von 23,3 Millionen Euro vor. Wäre die Stadt in diesem Jahr dem kommunalen Entschuldungsfonds (Kef) nicht beigetreten, wäre das Haushaltsloch noch etwas größer. Während Bürgermeister und Finanzdezernent Rolf Franzen (CDU) ein „Licht am Ende des Tunnels“ erkannte und die SPD-Fraktionsvorsitzende Sabine Wilhelm ausrief „Wir sind auf dem richtigen Weg!“, sah beispielsweise der FWG-Fraktionsvorsitzende Kurt Dettweiler die Lage viel düsterer. Angesichts der riesigen Defizite, die für die kommenden Jahre kalkuliert sind, fragte er, wie man denn je einen Haushaltsausgleich schaffen wolle. Zudem verwies er auf die Entwicklung des Eigenkapitals. Dies betrug im Januar 2009 noch 112 Millionen Euro, am Ende des Jahres 2015 wird es aufgebraucht sein. Dettweiler fragte, ob es sich bei dem Licht, das Franzen am Ende des Tunnels sieht, um ein rotes Stopplicht handele.

Oberbürgermeister Kurt Pirmann (SPD) zeichnete in seiner Haushaltsrede das Bild einer sich dynamisch entwickelnden Stadt. Der Haushalt werde bereits jetzt und nicht erst im Februar verabschiedet, damit er schnell genehmigt werde und man schnell mit der Umsetzung beginnen könne. Pirmann nannte als Politikschwerpunkte des kommenden Jahres: Der Kreuzberg – „ein schreckliches Viertel unserer Stadt“ – werde sein Gesicht verändern. Man werde nächstes Jahr „kuwaitische Bürger zu ihrem Sommeraufenthalt begrüßen“. Mit den Erschließungskosten werde nicht die Zweibrücker Bürgerschaft belastet, sondern die Käufer der Wohnungen zahlten diese. 2014 nehme die Zulassungsstelle in der Maxstraße ihre Arbeit auf, so dass auch Bürger aus dem Landkreis ihre Autos in Zweibrücken zulassen können. Pirmann stellte in Aussicht, dass sich im ehemaligen City Outlet, am Busbahnhof und auf der Truppacher Höhe etwas tun werde. Man sei in guten Gesprächen, um das ehemalige Raiffeisengelände neu zu nutzen.

Der OB kündigte an, künftig im Saarland aggressiv für den Wirtschaftsstandort Zweibrücken zu werben. „Wir geben unsere bisherige Zurückhaltung auf“, sagte Pirmann. Er begründete dies damit, dass das Saarland bei für Zweibrücken wichtigen Projekten wie Flughafen und Bahnverbindung auf stur schalte. Pirmann sagte, er habe zum Beispiel eine Veranstaltung zur Reaktivierung der Bahnstrecke Zweibrücken-Homburg geplant. Alle eingeladenen saarländischen Vertreter hätten aber ausnahmslos abgesagt. Pirmann: „Es ist mir absolut unverständlich, wieso sich die saarländische Landesregierung in eine dermaßen starre Haltung begibt.“

So sehr er einerseits auf Dynamik setzte, so trat Pirmann an anderer Stelle auf die Bremse. So beim Versuch, die städtischen Tochter-Firmen in einer Holding zusammenzufassen. „Ich habe das Idealmodell noch nicht gefunden“, bekannte der OB, es seien noch viele Probleme zu klären. Insgesamt bat der OB um Geduld. „Ich erkenne bei vielen Ratsmitglieder den Wunsch, ganz vieles umzusetzen. Das ist verständlich. Aber meine Mitarbeiter, der Stadtvorstand und ich sind keine Zauberer.“