04.12.2012      
Saarbrücker Zeitung   

„Vorsicht bei der Einfahrt!“

Susanne Lukasczyk ist die Lautsprecher-Stimme am Saarbrücker Eurobahnhof

Jeder, der auf einem Bahnsteig des Saarbrücker Hauptbahnhofs steht, hört sie früher oder später: die „Dialogmanagerin“ Susanne Lukasczyk aus Schiffweiler, die die Lautsprecher-Durchsagen macht.
Von SZ-Redakteurin Ute Klockner

Saarbrücken. „An Gleis fünf fährt ein, Regionalbahn nach Trier. Vorsicht bei der Einfahrt.“ Die Stimme von Susanne Lukasczyk schallt kräftig über den Bahnsteig, einige Reisende weichen einen Schritt zurück. Auch aus dem Lautsprecher ist die ostsaarländische Sprachfärbung der Schiffweilerin noch deutlich auszumachen. In ihrem Büro in einem kleinen Gebäude links neben dem Eurobahnhof liegt nur der reguläre Fahrplan ausgedruckt auf einem Pult vor ihr – alles andere läuft elektronisch auf sechs Monitoren. Auf einem wählt die 43-Jährige erneut „Gleis 5“ aus. Noch schnell ein Blick auf den Bildschirm mit den neun Bildern der Videokameras, die die Gleise filmen. Sobald die Reisenden aussteigen, klickt Lukasczyk auf „Live“, ihr Mikrofon schaltet sich an. Mit leiser Stimme fährt sie fort: „Herzlich willkommen in Saarbrücken. Ihre nächsten Anschlussmöglichkeiten: RE nach Frankfurt über Neunkirchen und Mainz auf Gleis zwölf . . .“

Seit 26 Jahren arbeitet Susanne Lukasczyk bei der Bahn, davon 21 als sogenannte „Dialogmanagerin“ wie die Ansager im Bahn-Deutsch genannt werden. Die gelernte Kauffrau für Verkehrsservice ist eine von derzeit acht Stimmen, die täglich Tausende Berufspendler und Reisende am Saarbrücker Hauptbahnhof darüber informieren, wo die Fahrt weiter geht, ob sich das Gleis geändert hat oder ob der Zug verspätet eintrifft. Auf den Fahrplan braucht Lukasczyk nur noch selten zu schauen, denn eigentlich beherrscht sie ihn auswendig. Umso wichtiger sind die Monitore, die ihr anzeigen, ob Änderungen vorliegen und wo auf dem Streckennetz sich die Züge exakt befinden.

Rund um die Uhr sprechen die Ansager live in die Mikrofone, tagsüber in zwei Schichten mit je zwei Kollegen, in der Nachtschicht sitzen sie alleine. Nur für die Warndurchsagen in den Bahnhöfen von Burbach und Rohrbach gibt es Ansagen vom Band. „Aber nach Möglichkeit versuchen wir auch hier, direkt zu sprechen“, sagt Lukasczyk. Zudem „beschallt“ sie von ihrem kleinen Büro in Saarbrücken aus auch die Bahnhöfe in Jägersfreude, Saabrücken-Ost, Schafbrücke, Scheidt, Rentrisch, St. Ingbert, Kirkel, Würzbach und Homburg. Die „Angst vor dem Mikrofon“ hat sie schon lange überwunden. „Versprochen haben wir uns alle schon einmal. Das ist nicht weiter schlimm, wir können uns ja sofort berichtigen.“ Mitunter geht es hektisch zu, besonders im Berufsverkehr. „Ich versuche, mich immer in die Situation der Fahrgäste hineinzuversetzen“, sagt Lukasczyk. „Was möchten sie wissen, wenn sie am Bahnsteig draußen stehen und bei Kälte frieren?“ Die Wortwahl dafür ist jedoch begrenzt. „Bundesweit einheitliche Durchsagen sind für die Kunden zur Orientierung wichtig“, meint die Dialogmanagerin. Ein wenig Freiraum bleibt jedoch auf den Anzeigetafeln in der Bahnhofshalle und an den Bahnsteigen, die das Ansage-Team ebenfalls betreut. „Da ist auch Platz für kleine Nettigkeiten, wie etwa unseren Fahrgästen ‚Frohe Festtage' zu wünschen“, sagt Susanne Lukasczyk. „Aber ich kann auch streng sein, wenn die Sicherheit gefährdet ist.“ So ruft sie Radfahrer, die auf den Bahnsteigen fahren zur Ordnung oder wenn sich Leute zu dicht an den Gleisen befinden. Auch kommt es vor, dass sie eine vermisste Person zum Infopunkt bittet oder Mitarbeiter der Saar Service GmbH ausruft, die für die Sauberkeit zuständig sind.

Bis zu zwölf Stunden kann eine Schicht dauern – gesprochen wird dabei ununterbrochen – auch wenn sie eigentlich erkältet ist. „Da hilft nur viel Wasser, heiße Zitrone und Tee“, nennt sie ihr Patentrezept. Anschließend will die 43-Jährige „genau das Gegenteil vom Arbeitsalltag“ machen. Das heißt bei ihr: viel Bewegung und Gartenarbeit an der frischen Luft und – möglichst wenig reden. „Mein Mann spricht auch nicht sehr viel. Das passt bei uns sehr gut“, sagt Lukasczyk und lacht.

Auch wenn ihre Stimme in vielen Ohren klingt, wenn die kleine Frau mit den langen blonden Haaren auf der Heimfahrt im Zug mit jemandem spricht, merkt keiner, dass sie das Gesicht hinter der Stimme aus dem Lautsprecher ist. Und am nächsten Morgen heißt es dann wieder: „Vorsicht auf Gleis drei, ein Zug fährt durch!“

„Versprochen haben wir uns alle schon einmal.“ Susanne Lukasczyk Dialog-Managerin
Bildunterschrift Susanne Lukasczyk ist Bahn-Ansagerin am Eurobahnhof in Saarbrücken. Foto: Oliver Dietze