13.11.2012      
Die Rheinpfalz

”Roswitha-Tunnel” bringt Udo Wagner kein Glück

Konzernbevollmächtigter der Deutschen Bahn für Rheinland-Pfalz wird abgelöst - Schritt erfolgt offenbar auch auf Druck der CDU ludwigshafen. Udo Wagner, der Konzernbevollmächtigte der Deutschen Bahn (DB) für Rheinland-Pfalz und das Saarland, wird Ende des Monats abgelöst. Pikant ist daran, dass diese Ablösung nach RHEINPFALZ-Informationen offenbar auch auf Druck der rheinland-pfälzischen CDU erfolgt, die Wagner eine zu große Nähe zur Mainzer Landesregierung vorwirft.

Beschwert hat sich über Wagner bei DB-Chef Rüdiger Grube nicht zuletzt die CDU-Landesvorsitzende Julia Klöckner, die bei regionalen Bahnthemen sonst bisher wenig in Erscheinung getreten ist.

Bezeichnend für das, was die rheinland-pfälzische CDU Wagner als zu große Nähe zur Landesregierung vorwirft, ist wohl vor allem der Fall des Kaiser-Wilhelm-Tunnels bei Cochem an der Mosel. Der mit über vier Kilometern bis zur Inbetriebnahme der Hochgeschwindigkeitsstrecken für den ICE längste Tunnel im Bundesbahnnetz erhält derzeit eine zweite Röhre.

Bei derartigen Projekten ist es üblich, eine Tunnelpatin zu küren. In der rheinland-pfälzischen CDU sorgte es für Empörung, dass Wagner dafür Roswitha Beck, die Frau des Ministerpräsidenten, auswählte. Der ”Roswitha-Tunnel” wurde vor allem für Peter Bleser (CDU), in dessen Wahlkreis die Baustelle liegt, zu einem Riesenärgernis. Bleser ist als Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesagrarministerium Nachfolger von Julia Klöckner.

Es gibt aber auch einige ernsthaftere Themen, die für Ärger gesorgt haben. Die Schlüsselfigur ist dabei Bernhard Kaster aus Trier, seit 2005 parlamentarischer Geschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Grubes Vorgänger Hartmut Mehdorn hatte den Fehler gemacht, Kontakte nur zu den Parteispitzen zu pflegen, die Bundestagsabgeordneten aber für unwichtig zu halten und sie dies auch oft spüren zu lassen. Grube agiert hier wesentlich diplomatischer. Kaster dürfte zu der Kategorie von Parlamentariern gehören, mit denen es sich Grube möglichst nicht verderben will.

Dennoch hat der Trierer Bundestagsabgeordnete mit der DB - vorsichtig ausgedrückt - nicht nur positive Erfahrungen gemacht. Kaster hat sich sehr dafür eingesetzt, dass Trier einen ICE nach Berlin bekommt und dies 2005 auch tatsächlich erreicht. Obwohl der Nutzwert des einen Zuges, der zu ungünstigen Zeiten sehr früh am Morgen abfuhr und spät am Abend zurückkam, sich in Grenzen hielt, war Kaster sehr stolz auf diesen ICE. Als zwei Jahre nach dessen Einführung die Fahrzeit des Zuges deutlich verkürzt wurde, weil der Zug über die linke statt über die rechte Rheinstrecke geführt wurde, schrieb sich Kaster auch diesen Erfolg auf die Fahnen und betonte am 20. Juli 2007 in einer Presseerklärung, mit der Verbesserung werde auch deutlich, dass die DB der Region Trier wieder erheblich mehr Bedeutung beimesse. ”Es ist schon in den letzten Jahren zu beobachten, dass Trier bei der Bahn nicht mehr auf dem Abstellgleis steht.”

Diese Sätze wirken fünf Jahre später etwas kurios, denn inzwischen wurde nicht nur der ICE nach Berlin, sondern auch der größte Teil der anderen Fernzüge nach Trier gestrichen. Besonders dürfte Kaster geärgert haben, dass die Nachricht vom Wegfall der meisten Intercity-Züge nach Trier und Luxemburg die Unterzeichnung eines Vertrags überschattete, mit dem das Großherzogtum einen Beitrag von 8 Millionen Euro für den zweigleisigen Ausbau eines Abschnitts der Bahnlinie Trier-Luxemburg auf deutschem Territorium zusagte.

Kaster forderte nun im vergangenen September in einem Schreiben an Grube einen neuen ICE von Berlin über Trier nach Luxemburg. Diese Forderung ist noch schwerer zu erfüllen als die nach einem ICE von Berlin nach Trier, weil dafür ein Fahrzeug gebraucht würde, das für das luxemburgische Bahnstromsystem ausgerüstet ist. Solche ICE sind bei der DB extrem knapp und werden dringend für viel wichtigere Linien wie die nach Paris und Brüssel gebraucht. Die Chancen für einen ICE Berlin-Luxemburg sind deshalb - gelinde gesagt - wohl nicht sehr groß.

In dieser Situation könnte Grube geneigt sein, Kaster dafür einen anderen Gefallen zu tun. Wenn es schon keinen ICE für Trier und Luxemburg gibt, kann der Bahnchef mit der Ablösung des bei der CDU ungeliebten Udo Wagner immerhin seinen guten Willen zeigen.

Es gibt zudem einen sehr viel triftigeren Grund als Sünden der Kategorie ”Roswitha-Tunnel” dafür, Wagners Position kritisch zu sehen. Er hat nämlich bei der DB noch eine zweite bedeutende Funktion: Als Chef von DB Regio Südwest ist er operativ für den Regionalverkehr in großen Teilen von Rheinland-Pfalz und im Saarland zuständig. Diese Doppelfunktion ist deshalb problematisch, weil Wagner damit - als Konzernbevollmächtigter - sowohl für Netz und Bahnhöfe zuständig ist, die den Wettbewerbern der DB diskriminierungsfrei zur Verfügung stehen müssen als auch unmittelbare operative Verantwortung bei der Regionalverkehrssparte DB Regio trägt, die dem schärfsten Wettbewerbsdruck ausgesetzt ist.

Den nahe liegenden Verdacht, dass Wagner diese Doppelfunktion missbrauchen könnte, hat er allerdings - unfreiwillig - dadurch widerlegt, dass er sich bei der Ausschreibung des Dieselnetzes Südwest verkalkuliert hat und der Löwenanteil des Auftrags deshalb Anfang des Jahres an den Konkurrenten Netinera ging. Dies hat seine Position DB-intern wohl geschwächt - andererseits ist er bei DB Regio in diesem Jahr nicht der Einzige, der bei einer Ausschreibung eine schmerzliche Niederlage erlitten hat. Seine Funktion bei DB Regio soll Wagner allem Anschein nach zumindest vorerst behalten.

Wagner gilt als exzellenter Fachmann, der sich allerdings gelegentlich auch schon vergaloppiert hat. Unangenehm aufgefallen ist er vor einigen Jahren besonders mit der Anordnung, dass im Bereich von DB Regio Südwest bei Verspätungen generell keine Anschlüsse mehr abgewartet werden. Erst auf Druck des für den regionalen Schienenverkehr zuständigen Zweckverbands in Kaiserslautern wurde hier eine vernünftigere Regelung gefunden.