20.10.2012      
Saarbrücker Zeitung

Unsere Bahnhöfe - SZ-Serie

Herr über Schranken und Weichen

Kurt Ludes sitzt im Stellwerk Brebach – „Beim Pipi-Machen muss man sich beeilen“
Sein Arbeitsplatz liegt meist im Halbdunkel. Es blinken Lämpchen, es flimmern Monitore. Kurt Ludes sitzt im Stellwerk Brebach und stellt Schranken und Weichen. Seine Arbeit sehen die Menschen nur indirekt.
Von SZ-Mitarbeiter Frank Bredel

Saarbrücken. „Brebach! Der Kurt!“, so meldet sich Kurt Ludes am Telefon, denn hier rufen nur Leute an, die wissen, wer dran sein muss. Am anderen Ende der Leitung sind Lokführer, Saarbahn-Bedienstete, Rangierer – sie alle suchen Kontakt zum Stellwerk Brebach der Deutschen Bahn. Seit fünf Jahren arbeitet Ludes dort, ihm zuzuschauen gibt Einblick in richtige Eisenbahn-Arbeit.

Vor ihm liegt ein dunkelgrünes Schaltpult aus den 60er Jahren, jeder Zug zeichnet hier eine rote Lichtspur. Weiße und rote Knöpfe gibt es, Kontrollmonitore, Telefon und Funk, einen Computer und ganz wenig Licht, denn im Dunkeln sieht man die Anzeigen besser. Deswegen ist das Fenster abgeklebt, die Tür meist zu und das Licht sowieso aus. Alle sieben Minuten kommt eine Saarbahn, Ludes öffnet und schließt vier Schranken, macht Durchsagen für die Fahrgäste, funkt und telefoniert und hat dazwischen so wenig Zeit für Erklärungen, dass ein Interview minütlich unterbrochen wird. Auf die Frage: „Wie gehen Sie eigentlich aufs Klo?“, antwortet Ludes, dass das in den sieben Stunden der Tagschicht wirklich ein Problem sei. „Beim Pipi-Machen muss man sich schon beeilen“, erzählt er, und längere Unterbrechungen gingen gar nicht. Denn der Fahrplan kennt kein Pardon.

Die Züge in Brebach fahren meist pünktlich, vier Schranken bedient der Stellwerker von Hand, schaut auf Kontrollmonitoren, ob die Autos auch wirklich stehen bleiben – und ist währenddessen schon wieder am Telefon. Ein Stressjob? Ludes wirkt sehr ruhig. Wie am Fließband macht er seine Dinge, noch nie gab es einen Unfall an einer der Schranken, er koordiniert die Züge und hat die Routine eines Eisenbahners, der seit 45 Jahren Stellwerke jeder Größenordnung beherrscht. Ein Bildschirm zeigt die Schranke Güdingen. Sie ist oft und dann auch lange geschlossen. Wenn zwei Züge kreuzen, können die Autos schon mal fünf Minuten rumstehen, bevor es weitergeht. Das wissen viele, und einige wollen noch schnell unter den sich schließenden Schranken hindurch. „Die müssen wissen, dass ich die schließende Schranke nicht stoppen kann. Sie öffnet erst wieder, wenn sie ganz geschlossen war. Wenn dann einer drin ist, hoffe ich, dass er nicht panisch wird und wartet“, sagt Ludes, der die Bahnübergänge immer über Kameras im Auge hat. Und schon klingelt wieder das Telefon „Brebach! Der Kurt!“.

Rund um die Uhr ist das Stellwerk auf dem Bahnsteig in Betrieb, nur nachts ist es ruhiger wegen der längeren Taktzeiten. Der Bahnhof Brebach pulsiert nicht nur im Stellwerk. Auch draußen ist viel los. Ständig kommen Busse, steigen Menschen in die Saarbahn um. Das Areal ist ganz gut in Schuss, wenig Müll, wenig Schmierereien. Durch die Werkstätten der Saarbahn ist hier aber stets Bahnpersonal unterwegs, Videokameras helfen, Schmierfinken fernzuhalten. Leer steht allerdings das alte Bahnhofsgebäude mit dem Frachtschuppen. Ein Sozialraum für Saarbahn-Bedienstete ist noch da, wird aber vermutlich bald in die neue Werkstatt nebenan verlegt. Fracht – früher von der Hütte umgeschlagen – wird heute in der Hütte selbst verladen. Ludes stellt auch diesen Zügen die Weichen. Und dann rufen die Lokführer wieder an und bekommen die bekannte Antwort...