12.03.2012       DIE RHEINPFALZ

Bauen oder lieber sparen?

Bahnhaltepunkt Rosengarten: Ein Streitgespräch zwischen Wolfgang Ohler (SPD) und Norbert Pohlmann (Grüne Liste)

Soll Zweibrücken weiter an der Planung des Bahn-Haltepunkts Rosengarten festhalten oder sich das Geld angesichts der klammen Stadtkasse lieber sparen? Spätestens seit der letzten Haushalts-Sitzung des Stadtrats am 29. Februar hat das Langzeit-Thema durch eine heftige Debatte neue Brisanz bekommen. Wir luden den Haltepunkt-Gegner Wolfgang Ohler (SPD) und Befürworter Norbert Pohlmann (Grüne Liste) zu einem Streitgespräch über das Thema.

Herr Ohler, warum sollte die Stadt nach Ihrer Ansicht auf den Haltepunkt der Bahn verzichten?

Ohler: Die Antwort ist ganz einfach - man soll für Geld, das man nicht hat, keine Dinge kaufen, die man nicht braucht.

Pohlmann: Natürlich könnte man den städtischen Anteil am Bau des Haltepunkts einsparen. Aber die erste Frage ist, ob man nach einer zehnjährigen Stadtrats-Debatte, einem einstimmigen Beschluss dafür und einem eingereichten Förderantrag jetzt einfach sagen sollte: April, April, war nicht so gemeint! Außerdem macht diese Station durchaus Sinn. Sie erschließt den Rosengarten, das Westpfalz-Stadion und die beiden großen Schulen in der Nachbarschaft. Gerade der Schülerverkehr aus dem Schwarzbachtal ist bislang mit den Bussen nicht gerade optimal organisiert. Besucher der Spiele des SV Niederauerbach könnten mit der Bahn anreisen, aber auch der Rosengarten würde so für Besucher attraktiver erschlossen. Es wäre ein Witz, ausgerechnet vor dem 100. Geburtstag des Gartens diese Chance in den Wind zu schlagen. Zudem hat die Stadt bereits rund 133 000 Euro in die Planung der Station investiert. Das Geld wäre dann zum Fenster heraus geworfen.

Ohler: Widerspruch! Bislang sind erst 77 000 Euro konkret für die Planung ausgegeben worden. Dieses Geld wurde allerdings in weitgehend sinnlose Pläne investiert, denn der Haltepunkt muss ja nach dem jetzigen Stand der Dinge rund 150 Meter verlegt werden. Außerdem ist das ausgegebene noch lange kein Grund, Gesamtkosten von weiteren mindestens 1,5 Millionen Euro hinterher zu werfen. Zum Thema Stadtrats-Beschluss nur so viel: Unsere Situation hat sich seitdem grundlegend geändert. Wir haben definitiv kein Geld mehr. Wenn Zweibrücken am Entschuldungsfond des Landes teilnehmen will, müssen wir auch an notwendigen Dingen sparen. Es wird Zeit, dass wir das den Bürgern offen sagen.

Pohlmann: Natürlich müssen wir mehr sparen, da ist in den letzten Jahren viel zu wenig passiert. Würden wir heute neu über den Haltepunkt entscheiden, gäbe es sicher gewichtige Gegenstimmen. Aber Ihre Aussage, es seien erst 77 000 Euro verausgabt, ist so nicht vollständig: Es sind weitere Planungsaufträge von rund 56 000 Euro bereits verbindlich vergeben. Außerdem umfasst das Projekt Haltepunkt Rosengarten mehr als nur zwei Bahnsteige. In den 1,2 bis 1,3 Millionen Baukosten ist auch eine Aufwertung des Umfelds enthalten, zum Beispiel durch Parkplätze und einen Übergang für die Anwohner des Mariensteins. Und das Paket wird zu 85 Prozent von Bund und Land gefördert, Zweibrücken zahlt nur den kleinen Rest.

Ohler: Unter zwei Millionen Baukosten werden wir doch nicht wegkommen, die genannten Schätzungen sind jetzt acht Jahre alt. Der städtische Anteil wird sicher bei 200 000 Euro und mehr liegen. Und zum Benutzer-Argument: Kein Mensch hat bislang diesen Haltepunkt vermisst. Ich wage die Voraussage, dass wir uns da einen texanischen Bahnhof bauen: Der Zug hält nur, wenn jemand vorher in die Luft schießt. Und für die Anwohner wäre ein Haltepunkt, der nur zusätzlichen Lärm verursacht, alles andere als attraktiv. Obendrein wird dieser Platz, der sich unter einer Autobrücke befindet, niemals ein schöner Ort werden.

Pohlmann: Bei der Planung für den Haltepunkt haben die Experten eine tägliche Benutzer-Frequenz von rund 300 Passagieren errechnet. Und es könnten noch mehr werden, wie die Erfahrung zeigt: Seit 1994 reaktiviert das Land alte Bahnlinien und baut zusätzliche Stationen, zum Beispiel in Einöd, Stambach und Ramstein-Miesenbach. Dieses verbesserte Angebot stimuliert zusätzliche Nachfrage, wie alle Erfahrungen bisher zeigen. Und bei dieser Station ist die Entfernung zum Zweibrücker Hauptbahnhof groß genug, um zusätzliche Kunden anzulocken.

Die Argumente sind ausgetauscht, wie soll es jetzt Ihrer Ansicht nach weitergehen?

Ohler: Ich denke, selbst wenn man dem Haltepunkt einen Nutzen zuschreibt, sollte man ihn nicht bauen. Wir müssen endlich lernen, auch auf durchaus nützliche Dinge zu verzichten. Dieser Erkenntnis werden wir uns auch bei anderen städtischen Einrichtungen nicht länger verschließen können.

Pohlmann: Wir hätten den Haltepunkt schon längst in Betrieb genommen, wenn das Projekt mit mehr Entschiedenheit betrieben worden wäre. Natürlich können wir die Planung theoretisch stoppen, aber das müsste dann der Stadtrat neu beschließen. Und er müsste den Bürgern erklären, warum jahrelang etwas anderes gegolten hat. (mibo)