10.11.2011   Die Rheinpfalz Donnersberger Rundschau

„Visitenkarte” nach zehn Jahren Pause fertig gestellt

ALSENZ: Neuer zweiter Bahnsteig offiziell eingeweiht - 1,3 Millionen Euro Kosten - Plädoyer für die Elektrifizierung der Alsenztalbahn

Zwei Beispiele, die zeigen, wie viel Zeit zwischen dem Umbau des ersten und des zweiten Bahnsteiges in Alsenz vergangen ist. Erstens „haben wir letztes Jahrtausend hier mit dem Bauen angefangen”, wie Landrat Winfried Werner bei der Einweihung des umgebauten Bahnhofes festgestellt hat. Zweitens ist Teil eins der Maßnahme noch in D-Mark abgerechnet worden. 1,3 Millionen waren es damals. Fast exakt der gleiche Betrag ist nun in den zweiten Bauabschnitt investiert worden - in Euro.

Geld, das (nicht nur) für den Alsenzer Ortsbürgermeister Klaus Zepp gut angelegt ist. Wie dringend notwendig die Maßnahme gewesen ist, „das haben die vergangenen zehn Jahre gezeigt”, betonte Zepp. Er verwies darauf, dass der Bahnhof nun technisch auf dem neuesten Stand sei - etwa durch das Leitsystem für Sehbehinderte oder die Schrankenanlage am Schienenübergang - und dadurch ein höheres Maß an Sicherheit biete. Das komme „vor allem den älteren und behinderten Menschen zugute”, so Zepp. Er dankte wie die folgenden Redner denjenigen, die zum Bahnhofsumbau beigetragen haben - allen voran der Deutschen Bahn und dem für den Regionalverkehr zuständigen Zweckverband Schienenpersonennahverkehr (ZSPNV) Rheinland-Pfalz Süd. Als „tolles Ereignis” bezeichnete Innenminister Roger Lewentz die Einweihung. Gerade in einem Flächenland wie Rheinland-Pfalz - zumal angesichts der demografischen Entwicklung - sei ein gut funktionierender öffentlicher Personennahverkehr (ÖPNV) von großer Bedeutung. In dieser Hinsicht sei der Rheinland-Pfalz-Takt „absolut vorbildlich”, so Lewentz. Der neue zweite Bahnsteig in Alsenz sei ein weiterer Schritt zur Verbesserung des ÖPNV. Deshalb seien die 861.000 Euro, die das Land für das Projekt gezahlt hat, zwar „ein stolzer, aber richtiger Betrag”. Die Bedeutung eines Bahnhofes gehe aber über die reine Verkehrsanbindung hinaus: „Ein Bahnhof ist auch die Visitenkarte einer Gemeinde”, betonte Lewentz. Eine Modernisierung trage somit zur Verschönerung eines Ortes bei, sei nicht selten eine Initialzündung für weitere Maßnahmen. Wenn sich das noch - wie in Alsenz - „mit dem Gedanken der Barrierefreiheit verbinden lässt, dann gibt das ein rundes Paket”, so Lewentz. „Der Kreis schließt sich”, sagte Landrat Werner mit Blick auf die Pause zwischen dem Umbau des ersten und des zweiten Bahnsteiges. Der neue Alsenzer Bahnhof trage zum Erhalt der Alsenztalbahn bei. Und: Eine Elektrifizierung der als mögliche Ausweichtrasse für Güterzuge gehandelten Strecke wäre „ein weiterer Schritt nach vorne”, so Werner. Er betonte, Mobilität sei ein Faktor für den Lebensstandard. Neben dem Rheinland-Pfalz-Takt trage im Donnersbergkreis der auf die Züge abgestimmte Busverkehr - ergänzt durch Ruftaxis - dazu bei, „dass die Nordpfälzer mobil bleiben”.

Aus der „grauen Maus” sei ein „Vorzeigebahnhof auf der Alsenztalbahn” geworden, sagte Verbandsbürgermeister Arno Mohr. Dazu habe neben dem Umbau des zweiten Bahnsteiges auch der Verkauf des Bahnhofgebäudes an einen privaten Investor beigetragen. „Hier hatten wir das Glück des Tüchtigen”, so Mohr. Die Investitionen auf der Alsenztalbahn „schreien geradezu nach einer Elektrifizierung der Strecke”. Mohr forderte, dieses Ziel künftig „so vehement zu verfolgen wie die Umgestaltung des Alsenzer Bahnhofes”.

ZSPNV-Verbandsvorsteher Winfried Hirschberger verwies in launigen Worten darauf, dass in Alsenz gelungen sei, „was niemand in der Region geschafft hat: eine dreigleisige Strecke zu bauen - wenn auch nur ein kurzes Stück”. Hirschberger hob damit die Bedeutung des dritten Gleises im Alsenzer Bahnhof hervor, dass künftig für schnellere Züge zum Ausweichen und damit zum Überholen genutzt werden kann. Dies werte die einzige direkte Verbindung zwischen Kaiserslautern und Mainz weiter auf - im Gegensatz zu anderen, im Laufe der Zeit „zerstückelten” oder still gelegten Strecken. Aber hier habe zum Teil in den vergangenen Jahren ein Umdenken stattgefunden, sagte Hirschberger etwa mit Blick auf die Reaktivierung der Strecken im Zellertal oder zwischen Alzey und Kirchheimbolanden.

Von einem „Nord-Süd-Gefälle” bezüglich der Kundenzufriedenheit im Land sprach Udo Wagner von der Deutschen Bahn: Diese sei im Süden von Rheinland-Pfalz wesentlich höher als im Norden. In der Westpfalz seien 75 Prozent der Fahrgäste mit dem Angebot der Bahn „gut bis sehr gut zufrieden”. Dazu leiste nun auch der Bahnhof Alsenz seinen Beitrag. Für die angesprochene Elektrifizierung der Alsenztalbahn gebe es gute Argumente, so Wagner: Er sei „optimistisch, dass wir das hinbekommen”. Einen Zeitraum nannte er nicht - eine rasche Umsetzung ist aber kaum zu erwarten. Wenn schon der Alsenzer Bahnhofsumbau länger als zehn Jahre gedauert hat... (kra)

Zur Sache: Aus Abstellgleis wird „Überholspur”

Dreh- und Angelpunkt des Alsenzer Bahnhofsumbaus war die Verlegung und Erhöhung des zweiten Bahnsteiges: Dazu ist der bisherige, zwischen Gleis eins und zwei gelegene Bahnsteig zurückgebaut und durch einen komplett neuen ersetzt worden. Dieser wurde ein Stück „nach hinten” verschoben, sodass nun Haus- und Außenbahnsteig die Gleise eins und zwei umschließen. Zudem ist der neue Bahnsteig auf 55 Zentimeter und damit auf das Niveau des ersten, von 1998 bis 2000 umgebauten Bahnsteiges angehoben worden, um den Fahrgästen das Ein- und Aussteigen zu erleichtern.

Der alte, zwischen den Gleisen eins und zwei gelegene Mittelbahnsteig ist abgerissen worden und entfällt ganz. Außerdem wurde das dritte Gleis, das bislang als Abstellgleis diente, ebenfalls ein Stück „nach hinten” verschwenkt. Es ist künftig als Kreuzungs- und Überholgleis auf der Alsenztalstrecke vorgesehen, damit zum Beispiel schnellere Züge langsamere im Bahnhof „überholen” können. Der neue zweite Bahnsteig bedient somit die Gleise zwei und drei.

Ferner ist der Bahnhof nun komplett barrierefrei: Die beiden Gleise sind wie bisher durch einen ebenerdigen Übergang, der mit einer Schrankenanlage gesichert wird, miteinander verbunden. Am neuen, 120 Meter langen Außenbahnsteig führt dann eine Rampe mit einer geringen Steigung von sechs Prozent „nach oben”. Somit ist der Bahnsteig nicht nur für Rollstuhlfahrer oder Gehbehinderte, sondern auch für Fahrgäste mit Kinderwagen oder Fahrrädern bequem erreichbar. Zudem ist eine Leiteinrichtung für Sehbehinderte installiert worden. Zur neuen Ausstattung des zweiten Bahnsteiges gehört auch eine Wartehalle. (kra)

Zur Sache

Die Finanzierung

Den Löwenanteil des rund 1,335 Millionen Euro teuren Bahnhofsumbaus in Alsenz übernimmt das Land mit 862.000 Euro. Davon entfallen 545.000 Euro auf den Umbau des zweiten Bahnsteiges, weitere 317.000 Euro auf die dafür notwendige Verschwenkung des dritten Gleises. Die Bahn-Tochter Netz AG zahlt - ausschließlich für den Umbau von Gleis zwei - 188.000 Euro. 53.000 Euro steuert der Kreis, 25.000 Euro die Verbandsgemeinde Alsenz-Obermoschel bei. Die verbleibenden gut 200.000 Euro trägt die Ortsgemeinde Alsenz. (kra)