27.06.2011    Die Rheinpfalz    zum Artikel

Riwwer un niwwer durchs Zellertal

Tour de Pfalz (1): Vom Bahnhof aus Kaisers Zeiten zur gemütlichen „Weinrast mit Weitblick”: Bahnwandern zwischen Marnheim und Mölsheim
Von Jürgen Müller

Die Pfalz. (Fast) unendliche Weiten, Ebenen, Berge, Wasser, Wiesen. Und viel Wald. Die RHEINPFALZ hat sich wieder auf den Weg gemacht. Kreuz und quer durch die Pfalz. Manchmal schnell, manchmal langsam, mitunter auch schweißtreibend. In dieser Sommerserie berichten Redaktionsmitglieder, was sie bei der „Tour de Pfalz 2011” erlebt haben. Heutiges Thema: „Bahnwandern” im Zellertal.

Das Zellertal ähnelt mit seinen Dörfern und Hügeln einer liebevoll gestalteten Modelleisenbahn-Landschaft. Tatsächlich hat es auch eine Eisenbahn zu bieten - und zwar eine im Maßstab 1:1. Die fährt von Mai bis Ende Oktober jeden Sonn- und Feiertag. Wie geschaffen also für eine Wanderung, bei der der Rückweg mit dem Zug angetreten wird.

Als Start- und Zielpunkt bietet sich der Bahnhof in Marnheim an. Hier sollten wir so zwischen 9 und 10 Uhr losmarschieren, um auf der rund 17 Kilometer langen Wanderroute nicht unter Zeitdruck zu geraten. An dem 1880 errichteten Gebäude hat der Zahn der Zeit genagt. Noch lässt sich aber erahnen, dass sich hier einmal ein Eisenbahn-Knotenpunkt befand. Über die Bahnhofstraße geht es ins Dorf. Nach etwa 800 Metern wenden wir uns nach rechts in die Bergstraße, um gleich darauf vor einem alten Brunnen nach links auf den asphaltierten Wirtschaftsweg abzubiegen.

Eine typische Nordpfalz-Landschaft breitet sich nun aus: Äcker, Hügel und ab und zu ein paar Büsche und Bäume. Aus dem Dorf kündigt die Kirchenglocke die volle Stunde an, Pferde grasen, Vögel zwitschern. Wir kommen an einer Wiese vorbei, auf der allerlei landwirtschaftliche Geräte und Fahrzeuge abgestellt sind. Dahinter wenden wir uns nach rechts. Linkerhand ist im Tal ein brauner Brückentorso auszumachen: Die Ruine des Pfrimmtalviaduktes, das deutsche Soldaten 1945 sprengten und damit die Bahnstrecke Marnheim-Kirchheimbolanden für alle Zeit kappten. Zwischen weiteren Überresten dieses Bauwerks geht es hindurch, um gleich darauf die Gleise der Zellertalbahn zu überqueren und nach links dem Wegweiser in Richtung Heyerhof zu folgen. Nun begleitet uns auf der linken Seite ein Wall aus Büschen und Bäumen, während sich rechts Getreide- und Rapsfelder ausbreiten. Schwarz-weiße Schachbrett-Falter tanzen um die Blüten am Wegrand. Mit einem nicht zu überhörenden „Biiiieeeb” kündigt die Zellertalbahn hinter dem grünen Wall ihr Kommen an.

Etwa 700 Meter, nachdem wir am Heyerhof vorbei gekommen sind, wenden wir uns vor einem Heuhaufen nach rechts schnurstracks den Hügel hinauf. Es scheint, als würde der Asphaltweg direkt in den Himmel führen. Doch der ist bekanntlich weiter entfernt, als manche glauben. Wir zählen die nach links abgehenden Wege: Der dritte, stark mit Gräsern bewachsene Abzweig ist der unsere. Bald spendet eine Reihe von Bäumen und Sträuchern etwas Schatten. Wir passieren in einer Linkskurve einen Hochsitz, der Weg wendet sich nun direkt dem „Saukopf” zu. Dieses Naturschutzgebiet ist als grüne Insel im Meer von Getreide- und Rapsfeldern zu erkennen. Dort oben treffen wir auf einen Asphaltweg, der uns links um den Saukopf herumführt. Wir kommen an einem „Lesesteinhaufen” vorbei, den Bauern mit Brocken aus ihren Feldern angehäuft haben. Bald darauf erstreckt sich ebenfalls rechterhand eine Wiese, übersät mit violetten Blüten: Auf dem kalkhaltigem Boden fühlt sich der Acker-Wachtelweizen wohl. Kenner haben am Saukopf vier Orchideenarten erspäht. Schafe und Ziegen sorgen dafür, dass das Naturschutzgebiet nicht weiter verbuscht. Nun geht's im großen Bogen hinunter nach Albisheim. Im Tal treffen wir wieder auf die Bahnlinie, hier folgen wir einem „steinreichen” Weg nach rechts zum Neubaugebiet. Nach 500 Metern kreuzt die von Immesheim kommende Autostraße, der wir nach Albisheim folgen. Zehn Meter vor der Straßenbrücke über die Pfrimm geht rechts vor einer Laterne ein Weg ab. Von dem wenden wir uns nach etwa 500 Metern, kurz vor einer Einmündung in das Flüsschen, nach rechts in einen Feldweg Richtung Süden. Gleich darauf wird eine Stromleitung unterquert (Markierung „rotes W”), nach wenigen Metern geht es schon wieder nach links an einem Wäldchen entlang. Hinter einem Weiher weist ein gelbes Schild den Weg nach Eiselthum.

Eine schmale Metallbrücke führt über die Pfrimm. Durch ein Wäldchen geht es an der Kleinmühle vorbei zur B 47. Dort folgen wir der stark befahrenen Straße 20 Meter nach rechts, um uns gegenüber dem ansteigenden Feldweg („ Zellertal aktiv 3”) zuzuwenden. Der führt zur Straße Albisheim-Einselthum, die wir auf dem Grünstreifen neben den Weinbergen begleiten. Kurz vor Einselthum lädt rechts an der Schutzhütte eine Kneippanlage zur Abkühlung ein, vom benachbarten Teich her ist munteres Quaken zu vernehmen. Zurück zur Straße lädt gleich am Ortsrand von Einselthum auch „Wellers Weinhäusel” (durchgehend warme Küche) zur Rast ein.

Die Hauptstraße führt durchs Dorf, von ihr biegen wir nach rechts in die Straße „Am Vogelsgesang” ab. Die bringt uns zu einem Asphaltweg mit den Markierungen „rotes W” und „1”, die uns durch die Weinberge ins geschichtsträchtige Zell (Einkehrmöglichkeiten) geleiten. Lange bevor die Häuser auftauchen, sind die Kirchtürme auszumachen. Unbedingt sollte man die Gassen des sich an den Osterberg schmiegenden Dorfes sowie den Golsen-Park am Ortsausgang nach Mölsheim erkunden.

Gleich hinter diesem Zeller Ortsausgang folgen wir links einem Asphaltweg, der durch die Weinberge oberhalb der Straße nach Mölsheim führt („Jakobus Pilgerweg”). Auf halber Strecke zwischen Zell und dem weithin sichtbaren Ehrenmal für die Weltkriegs-Gefallenen taucht links zwischen den Reben ein zinnenbewehrtes Wingertshäuschen auf. Unbedingt sollte man dort die „Wingertschnegg” - laut ihren Erfindern der „weltberühmteste Weinberg” - bestaunen und sich im „Chateau d'Escargot” im Gästebuch verewigen.

Danach verlassen wir mit der „Jakobusweg”-Markierung für einen Moment die Pfalz, um gleich hinter dem Ortseingang des rheinhessischen Dorfes Mölsheim auf der rechten Straßenseite auf die „Weinrast mit Weitblick” zu treffen: Bis 30. Oktober bewirten hier Winzer des Zellertales sonn- und feiertags ab 11 Uhr die Gäste im Freien. Die herrliche Aussicht gibt es gratis dazu. So gestärkt kehren wir wieder die paar Meter zum Ortseingang zurück, um gleich hinter dem Mölsheimer Friedhof links den steinigen Weg hinab ins pfälzische Niefernheim zu marschieren. Dort empfängt uns der nächste Gottesacker, vor dem wir linkerhand zur Königstraße laufen. Diese Straße führt uns durch das beschauliche Dorf und zeigt uns auch den Weg hinüber nach Harxheim. Vor diesem reizvollen Weinbauort überqueren wir die B 47 und einmal mehr die Pfrimm. Über Haupt- und Bahnhofstraße erreichen wir den Harxheimer Haltepunkt, von dem aus die Zellertalbahn uns zurück nach Marnheim bringt. Aber Achtung: Der letzte Zug fährt in Harxheim um 18.09 Uhr ab.

Infos und Tipps

Quelle:
Verlag: DIE RHEINPFALZ
Publikation: Ludwigshafener Rundschau
Ausgabe: Nr.146
Datum: Montag, den 27. Juni 2011
Seite: Nr.7

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