27.05.2011     Saarbrücker Zeitung   

„Wir wollen den Radverkehr stärken“

Umweltministerin Simone Peter möchte Saarländern Busse, Bahnen und Fahrräder näherbringen

Die Themenwoche von ARD und SR „Der mobile Mensch“, die verschiedene Facetten der Fortbewegung beleuchtet, geht heute zu Ende. Die SZ begleitete diese Woche mit eigenen Beiträgen. Zum Abschluss sprach SZ-Redakteur Dietmar Klostermann mit der saarländischen Umwelt- und Verkehrsministerin Simone Peter (Grüne) über den Wandel von einem Autoland hin zu einer Region, in der Rad und Bahn eine deutlich größere Bedeutung bekommen sollen.

Die Saarländer sind sehr mobil: Hier gibt es die höchste Autodichte aller Bundesländer, 2008 kamen auf 1000 Einwohner 625 Autos. Stimmt Sie dieser Spitzenwert froh?

Peter: Nein, denn das bedeutet, dass wir die schwierigen Aufgaben stemmen müssen, die mit diesem Spitzenplatz verbunden sind. Wir sind finanziell kaum in der Lage, das Straßennetz zu erhalten. Neubauprojekte müssen wir streng darauf prüfen, ob sie notwendig sind. Bis Ende der Legislaturperiode soll ein Landesentwicklungsplan vorliegen, der vorgibt, wie wir mit der demografischen Entwicklung umgehen. Jede Investition muss darauf geprüft werden, ob sie sich im Blick auf die nächsten zehn bis 30 Jahre lohnt.

Warum setzen so viele Saarländer bei der Mobilität aufs Auto? Sind die Alternativen ÖPNV oder Radfahren so miserabel und liegt das Saarland da bundesweit auf dem letzten Platz?

Peter: Ja, wir sind schlecht aufgestellt bei den Alternativen zum Auto. Wir haben zwar beim Öffentlichen Personennahverkehr ein paar Sprünge nach vorne gemacht, wir haben den SaarVV, der eine gute Vernetzung und Vertaktung bietet und mit den Schüler-, Bürger- und Seniorentickets ein umfassendes Fahrkartenangebot hat. Aber im Radverkehr sind wir auf dem letzten Platz, mit drei Prozent Radfahrern am Gesamtverkehrsaufkommen. Deshalb wollen wir den Radverkehr in den Fokus nehmen. Wir diskutieren mit den Kommunen, um den Alltagsradverkehr zu stärken, weil dort viele Investitionen getätigt werden müssen. (…) Leider ist das dichte Bahnliniennetz, das es noch vor ein paar Jahrzehnten gab, zugunsten des Individualverkehrs sehr ausgedünnt worden. Unser Anliegen ist es, das Ganze wieder umzudrehen. Eine Idee wäre es, den Schulwegeverkehr auf das Fahrrad hin umzuorganisieren.

Zum Beginn Ihrer Amtszeit im November 2009 hat Sie der VCD-Bundeschef Gehrmann besucht und Ihnen eine Liste mit den Mängeln beim hiesigen Bahnangebot vorgelegt. Ob die schlechte Anbindung an Mannheim und NRW, der Zustand der Bahnhöfe oder die Aufsplitterung der Zuständigkeiten. Haben Sie etwas verbessert?

Peter: Wir haben vor kurzem das Projekt „Saarland in time“ in Gang gesetzt, damit die ÖPNV-Nutzer die aktuellsten Abfahrtzeiten abrufen können. Das Nachtbus-Angebot ist auch ein positives Beispiel. Wir haben bei den Investitionen einen Vorrang für den ÖPNV umgesetzt. Wir brauchen eine bessere Bahn-Anbindung an das Bundesgebiet, deshalb muss die Hauptschiene Saarbrücken-Mannheim gestärkt werden.

Aber verbessert hat sich bei der Bahnverbindung Richtung Mannheim nichts?

Peter: Es hat sich aber auch nichts verschlechtert. Man muss auch den Status quo halten. Verbessert hat sich, dass wir regelmäßig mit der Bahn zusammensitzen, um Verbesserungen bei der Paris-Saarbrücken-Frankfurt-Verbindung per ICE/TGV zu überlegen. Bei den Ausschreibungen für den Regionalverkehr haben wir der Bahn klar gesagt, dass für uns Fern- und Nahverkehr untrennbar ist. Wir haben ein ambitioniertes Bahnhofs-Sanierungsprogramm fortgesetzt und mit der Bahn die Regionalzüge auf Öko-Strom umgestellt, um die Akzeptanz zu erhöhen.

Bildunterschrift: Auto-Stress am Ludwigspark: Peter will Alternativen zum Autofahren fördern. Foto: B&B