28.02.2007   www.vrn.de

Pfälzische Maximiliansbahn 10 Jahre reaktiviert

Bahnstrecke mit wechselvoller Geschichte Pfälzische Maximiliansbahn 10 Jahre reaktiviert Gute Zukunftsperspektiven – Grenzüberschreitende Zusammenarbeit bringt Erfolg

Als am 1. März 1997 Ministerpräsident Kurt Beck den Triebwagen der DB von Winden in Richtung Wissembourg steuerte und hunderte von Gästen sich zur Eröffnungsfahrt für den grenzüberschreitenden Abschnitt der traditionsreichen Pfälzischen Maximiliansbahn einfanden, war niemand so ganz sicher, wie sich denn die Zukunft der Bahnstrecke entwickeln würde. Genaue Gutachten über die zu erwartenden Fahrgastzahlen gab es nicht – denn über grenzüberschreitende Pendler- und Tourismusströme lagen zumal aufgrund der unterschiedlichen ÖPNV-Affinität der Bevölkerung im Elsass und in der Pfalz keine Untersuchungen vor; sie waren auch nicht leistbar, wie Gutachter betonten, denn es gab keinerlei zuverlässige Zahlen, wie die Bürger der beiden Regionen sich im grenzüberschreitenden ÖPNV-Verkehr verhalten würden.

So war es im Wesentlichen eine politische Entscheidung, den grenzüberschreitenden Abschnitt der Maximiliansbahn im Rahmen des Rheinland-Pfalz-Taktes wieder für den Schienenpersonennahverkehr in Betrieb zu nehmen und somit erstmals seit dem 2. Weltkrieg grenzüberschreitende Verkehrsverbindungen statt ab, wieder aufzubauen.

Die 1855 in mehreren Abschnitten eröffnete Pfälzische Maximiliansbahn, die zusammen mit dem Abschnitt Wissembourg – Haguenau- Strasbourg der französischen Ostbahn (Maximiliansbahn und Ostbahn waren durchgehend befahrbar ab 26. November 1855) ein wechselvolles verkehrpolitisches Schicksal erlebt hatte, war 1975 für den grenzüberschreitenden Schienenpersonennahverkehr stillgelegt worden. Unterschiedliche Interessen der Bahnverwaltungen hatten vor allem seit dem Ende des 1. Weltkrieg die Verkehrsangebote geprägt und dies obwohl der Staatsvertrag zwischen Bayern und Frankreich aus dem Jahre 1855 durchaus Perspektiven aufgezeigt hatte: Da ist von durchgehenden Zügen zwischen Neustadt und Strasbourg, von durchgehendem Fahrzeugeinsatz zwischen Mainz, Neustadt – Strasbourg und Paris die Rede, da werden Zukunftsperspektiven für einen durchgehenden Güterverkehr erörtert. Doch stand die Linie in Konkurrenz zu rechtsrheinischen, aber auch innerfranzösischen Verkehrsangeboten, so dass eine Einbeziehung in den Fernverkehr nur schleppend erfolgte. Erst nach dem Krieg von 1870/71 kam es in der Folge einer Umstrukturierung der Verkehrsangebote zu einer Einbeziehung in den Fernverkehr zwischen Berlin und Basel sowie Holland und der Schweiz bzw. Italien. Die Ereignisse des 1. Weltkrieges, die nach dem 2. Weltkrieg einsetzende Zuwendung des Bürgers zum Individualverkehr leiteten dann den Niedergang der inzwischen zu zwei Lokallinien "degenerierten" ehemaligen internationalen Bahnlinie ein. Die unterschiedlichen Interessen der Bahnverwaltungen führten letztlich dazu, dass es sogar kaum noch möglich war, aus Deutschland grenzüberschreitende Sonderzüge bis nach Wissembourg zu fahren. Dazu benötigte man im Zweifelsfalle durchaus auch die Unterstützung von Präsident Mitterand.

Als in den 90iger Jahren dann bundesweit über eine Verbesserung des Schienenpersonennahverkehrs diskutiert wurde, war es der Bad Dürkheimer Landrat Georg Kalbfuß, der als Vorsitzender des Ständigen Ausschusses der Planungsgemeinschaft Rheinpfalz den Nahverkehrsberater Werner Schreiner zu einer Untersuchung über die Möglichkeiten eines grenzüberschreitenden Verkehrs aufforderte. Diese Studien fanden dann über verschiedene "Kanäle" ihren Weg zum damaligen Ministerpräsidenten Rudolf Scharping und zum Vorsitzenden der SPD-Landtagsfraktion Kurt Beck, der schon viele Jahre zuvor alle Projekte für Sonderfahrten über die Pfälzische Maximiliansbahn nachhaltig unterstützt hatte. Letztlich fanden alle Überlegungen Eingang in die Untersuchungen des rheinland-pfälzischen Wirtschaftsministeriums zum Rheinland-Pfalz-Takt.

Ab 1993 kam es dann zu direkten Verhandlungen zwischen dem Land Rheinland-Pfalz und der Région Alsace, wobei sich der damaligen Abteilungsleiter Dr. Kuchenbecker besonders dem Vorhaben annahm.

Nach schwierigen Verhandlungen mit den Bahngesellschaften konnte im Juli 1995 in der Kreisverwaltung Südliche Weinstraße zwischen dem Land Rheinland-Pfalz (Minister Brüderle) und der Région Alsace (Jean Waline) ein Vertrag unterzeichnet werden, der die technische Machbarkeit der Reaktivierung und für den Bahnhof in Wissembourg zwei Möglichkeiten untersuchte: Pendelzüge nur zwischen Neustadt und Wissembourg oder Schaffung von Weichenverbindungen für durchgehende Zugverbindungen zwischen Neustadt an der Weinstraße und Strasbourg. Das Land Rheinland-Pfalz, das für die Investitionen die finanzielle Verantwortung zu übernehmen hatte, entschloss sich dann nach intensiver Prüfung für den Bau der zukunftsträchtigen Variante, da man grundsätzlich die Einführung durchgehender Zugverbindungen ins Auge gefasst hatte.

Nach Untersuchungen aller technischen Möglichkeiten, auch die der Betriebsführung im Bahnhof Winden betreffend, konnten dann ab März 1996 die entsprechenden Arbeiten in Auftrag gegeben werden. Wobei inklusive eines "Probebetriebes" rund 12 Monate für die Arbeit angesetzt waren. Organisatorische Umstellungen bei der Deutschen Bahn führten allerdings dazu, dass bis Ende des Jahres 1996 mit den Arbeiten auf der deutschen Seite noch nicht begonnen war.

Unter der Leitung von Dipl.-Ing. Werner Lautensack begann dann im Januar 1997 die zeitliche "Aufholjagd": Trotz Eis und Schnee gelang es – zum Teil mit Ausnahmegenehmigungen für Bauarbeiten am Wochenende – die Strecke so zu ertüchtigen, dass zum 1. März 1997 der Verkehr aufgenommen werden konnte. Tausende von Bürgern folgten der "Einladung" und reisten in den folgenden Tagen über die Strecke nach Wissembourg. Ab September 1997 kam es dann im Rahmen des

Rheinland-Pfalz-Taktes zu einer stündlichen Verbindung zwischen Neustadt an der Weinstraße und Wissembourg. Die Reaktivierung des weitestgehend in Rheinland-Pfalz liegenden Abschnittes der Bahnstrecke Winden – Wissembourg hatte auch für das Alsace seine Auswirkungen: Die Fahrgastzahlen auf dem Abschnitt zwischen Wissembourg und Strasbourg stiegen ebenfalls und die SNCF nahm von ihren Plänen Abschied die Strecke zwischen Haguenau und Wissembourg stillzulegen – in den kommenden Jahren wurde der Sonntagsverkehr wieder eingeführt (1999) und das Angebot schrittweise verbessert.

Vorreiter war das Elsass in der Beschaffung von Triebwagen, die sowohl in Deutschland wie auch in Frankreich eingesetzt werden konnten. Der Région Alsace gelang es solche Triebwagen zu beschaffen – in Absprache zwischen DB und SNCF und auf Bestellung des Zweckverbandes Schienenpersonennahverkehr Rheinland-Pfalz Süd sind die elsässischen Triebwagen jetzt auch für die durchgehenden Zugverbindungen von Neustadt nach Strasborg bzw. in Gegenrichtung am Wochenende im Einsatz. Das rheinland-pfälzische Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau, hat sich seit 1994 bemüht ebenfalls Triebwagen für den grenzüberschreitenden Fahrzeugeinsatz zu beschaffen und war sogar bereit diese Maßnahme finanziell zu fördern. Weder die DB AG noch die deutsche Fahrzeugindustrie sahen sich im Laufe der rund 10 Jahre dauernden Verhandlungen in der Lage, dem Land solche Fahrzeuge zur Verfügung zu stellen.

In der am 30. Juni 2005 beschlossen Ausschreibung für das West- und Südpfalznetz hat der Zweckverband Schienenpersonennahverkehr die Bieter aufgefordert für eine zukünftige Verkehrsbedienung zwischen Neustadt und Strasbourg solche Fahrzeuge zur Verfügung zu stellen. Entsprechende Angebote wurden auch unterbreitet. Der Zweckverband Schienenpersonennahverkehr, ist derzeit mit der Région Alsace und dem Ministerium für Wirtschaft und Verkehr Landwirtschaft und Weinbau in Mainz im Gespräch, ab wann Verkehrsangebote für durchgehende Zugverbindungen zwischen Neustadt und Strasbourg eingerichtet werden können. Ein realistisches Datum scheint das Jahr 2012 zu sein, wenn das Elsass ebenfalls zusätzliche neue Fahrzeuge – eventuell auch weitere für den grenzüberschreitenden Verkehr beschafft – und im Elsass die Fahrpläne an das dann neue TGV-Verkehrsangebot in Richtung Lyon - Marseille angepasst werden.

Neben der betrieblichen Entwicklung spielte in den vergangenen Jahren natürlich die verbesserte Verknüpfung der Fahrpläne und eine Abstimmung der Tarife eine wesentliche Rolle. Der VRN hat hierzu mit der SNCF und der Région Alsace verschiedene Vereinbarungen getroffen, die besonders an den Wochenenden günstige Angebote für die Fahrt aus dem VRN-Gebiet ins Elsass oder aus dem Elsass ins VRN-Gebiet vorsehen. Diese Maßnahmen sollen nach den Überlegungen des VRN in den kommenden Jahren ebenso ausgebaut werden, wie man seitens des Verbundes die Einführung von Direktverbindungen zwischen Neustadt und Strasbourg als einen weiteren Beitrag zur Entwicklung der Verkehrsangebote zwischen der Pfalz und dem Elsass sieht.

Literatur zur Geschichte der Maximiliansbahn
Michael Heilmann/Werner Schreiner 150 Jahre Maximiliansbahn Neustadt – Straßburg, Ludwigshafen 2005
Werner Schreiner Die pfälzische Maximiliansbahn erschließt den Viehstrich – Aspekte zur Geschichte der Eisenbahn in Steinfeld, in: Steinfeld 1250 bis 2000, Steinfeld 2000.